Proteste für "Rote Flora"-Kulturzentrum:Polizei erklärt Hamburger Innenstadt zum Gefahrengebiet

Tausende wollen heute in Hamburg für den Erhalt der linksalternativen "Roten Flora" und das Bleiberecht von Flüchtlingen demonstrieren. Die Polizei wappnet sich für mögliche Krawalle - in der Innenstadt dürfen die Beamten auch ohne konkreten Verdacht Menschen in Gewahrsam nehmen.

Mehrere Tausend Menschen wollen am Adventssamstag in Hamburg für den Erhalt des linksalternativen Kulturzentrums "Rote Flora" und ein Bleiberecht für Flüchtlinge demonstrieren. Neben einer Großdemonstration sind drei weitere Versammlungen angemeldet.

Die Polizei wappnet sich für mögliche Krawalle. Aus Sorge vor Ausschreitungen hat sie die gesamte Innenstadt zum "Gefahrengebiet" erklärt. Zwischen 14 und 23 Uhr können Beamte dort ohne konkreten Verdacht Menschen durchsuchen oder in Gewahrsam nehmen sowie Platzverweise erteilen.

"Es besteht die Gefahr, dass gewaltbereite Linksextremisten versuchen werden, in den Innenstadtbereich zu gelangen", begründete die Polizei die Einrichtung des Gefahrengebiets in der Innenstadt. "Dies würde zu erheblichen Gefahren für unbeteiligte Bürger führen." Alle Bürgerschaftsfraktionen hatten zuvor parteiübergreifend zu einem friedlichen Protest aufgerufen. Die Polizei rechnet damit, dass bis zu 6000 Menschen durch das Schanzenviertel ziehen werden. Die Beamten stufen etwa die Hälfte der Teilnehmer als gewaltbereit ein. Schon am Freitagabend hatten mehr als 300 vermummte Randalierer auf der Hamburger Reeperbahn die Davidwache und davor parkende Polizeiautos mit Steinen beworfen.

Bleiberecht für Flüchtlinge und die "Esso-Häuser"

Mehr als 2000 Beamte sind den Angaben zufolge im Einsatz. "Das wird wohl einer der größten Einsätze der vergangenen Jahre werden." Gegen 15 Uhr will sich der Demonstrationszug vor der "Roten Flora" in Bewegung setzen, später sind eine Zwischenkundgebung an der Reeperbahn und eine Abschlusskundgebung an der Feldstraße geplant. Der Protest richtet sich gegen eine mögliche Räumung des seit mehr als 20 Jahren besetzten Kulturzentrums "Rote Flora", mit der Eigentümer Klausmartin Kretschmer gedroht hat.

Außerdem geht es um ein Bleiberecht für Flüchtlinge und die "Esso-Häuser" an der Reeperbahn. Die Häuser waren in der Nacht zum Sonntag wegen Einsturzgefahr evakuiert worden. Wie an den bisherigen Adventssamstagen haben auch Unterstützer der "Lampedusa-Flüchtlinge" demonstrierr. Im Stadtteil St. Georg kamen 800 Teilnehmer zu einer Kundgebung zusammen.

Vertreter der Flüchtlinge sprachen sich angesichts der für den Nachmittag angekündigten Groß-Demo für friedliche Proteste aus. "Wir wollen Kreativität und keine Gewalt", sagte ein Sprecher der Gruppe. Gleichzeitig verwiesen die Redner auf den Kontrast zwischen dem weihnachtlichen Einkaufstrubel und den Kampf vieler Flüchtlinge ums Überleben.

Am Nachmittag soll es in Hamburg noch zwei weitere Demonstrationen geben: Ebenfalls 800 Menschen werden bei der Kundgebung "Die Stadt gehört allen" erwartet, eine andere Aktion ist unter dem Motto "Versammlung für Versammlungsfreiheit" angemeldet.

Bei der Randale am Freitagabend waren sieben Streifenwagen so stark beschädigt worden, dass sie abgeschleppt werden mussten, wie die Polizei am Samstagmorgen mitteilte. Die Hintergründe der Ausschreitungen waren zunächst unklar, der Staatsschutz ermittelt. Die Polizei war am Freitagabend mit 150 Beamten ausgerückt, um den Bereich um die Davidwache zu sichern. Die Randalierer zogen daraufhin weiter und verteilten sich in den angrenzenden Straßenzügen. Dort setzten sie Mülltonnen in Brand und warfen die Scheiben einer Sparkassenfiliale ein.

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