Zugverkehr 2013:Bahnreisende beschweren sich so oft wie nie

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Grund für zahlreiche Beschwerden: verspätete Züge

(Foto: dpa)

Verspätete Züge, ungültige Tickets: 2013 gab es so viele Beschwerden von Bahnfahrern wie noch nie zuvor. Die Bahn kritisiert eine "einseitige Benachteiligung".

Von Daniela Kuhr, Berlin

Nie zuvor haben sich so viele Menschen über das Bahnfahren beklagt wie im zurückliegenden Jahr. Das zeigen die neuesten Zahlen der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (Söp), die der Süddeutschen Zeitung vorliegen. Allein bis 20. Dezember gingen demnach schon 3257 Schlichtungsanträge von Bahnreisenden ein - und damit gut 50 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Damals betrug die Zahl der Beschwerden noch 2112. "Überwiegend beziehen sich die Schlichtungsanträge auf die Deutsche Bahn AG, was nicht überrascht, hat sie doch mit Abstand den größten Marktanteil", sagt Söp-Geschäftsführer Heinz Klewe.

In knapp der Hälfte der Fälle hatten Kunden sich darüber geärgert, dass ein Zug verspätet oder sogar komplett ausgefallen war. In rund jedem dritten Beschwerdefall ging es darum, dass es Probleme mit dem Ticket gab, beispielsweise weil der Zugschaffner es bei der Kontrolle nicht als gültig anerkannte. Jede vierte Beschwerde betraf den Service, etwa weil der Erste-Klasse-Wagen fehlte oder weil es an Hilfe für Menschen mit Gehbehinderung mangelte. Viele Beschwerden beinhalteten mehrere Kritikpunkte gleichzeitig.

In den allermeisten Fällen habe die Schlichtungsstelle eine einvernehmliche Lösung erarbeiten können, sagt Klewe. "Weit mehr als 80 Prozent unserer Schlichtungsvorschläge wurden sowohl von den Reisenden als auch von den Verkehrsunternehmen akzeptiert." Dadurch sei Zeit, Ärger und Geld gespart worden. Bedauerlich sei hingegen, dass es immer noch einige kleinere Bahn-Unternehmen gebe, "die ihren Fahrgästen keine Schlichtung anbieten".

Die Söp war im Rahmen der Fahrgastrechte für Bahnfahrer errichtet worden, die seit Sommer 2009 gelten. So bekommen Bahnnutzer beispielsweise seither bei Verspätungen von einer Stunde ein Viertel des Fahrpreises zurück, bei zwei Stunden die Hälfte. An die Schlichtungsstelle können sich Bahnreisende immer dann wenden, wenn sie sich zuvor erfolglos bei ihrem Verkehrsunternehmen selbst beschwert hatten. Die Schlichtungsstelle tritt auch ein für Reisende mit Bus, Schiff oder seit Kurzem auch mit Flugzeug. Schlichtungsanträge findet man im Internet unter www.soep-online.de.

Bahnen beklagen "einseitige Benachteiligung"

Von ihren Fahrgastrechten machen vor allem Bahnfahrer mittlerweile rege Gebrauch. Auch bei der Deutschen Bahn selbst sind in diesem Jahr so viele Beschwerden wie noch nie eingegangen. Für das Gesamtjahr 2013 rechnet der Konzern mit etwa 1.250.000 bearbeiteten Fällen, im Vorjahr waren es 900.000. Knapp 90 Prozent würden im Sinne des Kunden entschieden, sagte ein Bahnsprecher.

Dabei war die Bahn im vergangenen Jahr häufig gar nicht schuld an den Problemen. "2013 war geprägt von vielen heftigen Unwettern, von hochwasserbedingten Streckensperrungen über fünf Monate, von unpassierbaren Strecken im Ruhrgebiet aufgrund nicht gesicherter alter Bergwerksstollen und durch die notorischen kriminellen Eingriffe in den Bahnverkehr, wie etwa Kabelklau", sagte Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg zur SZ. "All dies ging zulasten der Pünktlichkeit, der Zuverlässigkeit und der Qualität unseres Angebots."

Daher sei es kein Wunder, dass die Beschwerden zugenommen hätten. "Das nehmen wir aber nicht achselzuckend zur Kenntnis, sondern werden 2014 die bislang schon großen Anstrengungen, den Bahnverkehr noch zuverlässiger zu machen, weiter verstärken."

Ein weiterer Umstand hat der Bahn im vergangenen Jahr zu schaffen gemacht: Im September entschied der Europäische Gerichtshof überraschend, dass - anders als etwa im Flugverkehr - die Entschädigungsregeln für Bahnfahrer auch dann gelten, wenn die Verspätung durch höhere Gewalt verursacht wurde, also beispielsweise durch Hochwasser, Unwetter oder einen Streik. Dieses Urteil verzerre den Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern, kritisierte Homburg und forderte, die "einseitige Benachteiligung der Bahnen schnellstens zugunsten einer Gleichbehandlung aller Fahrgastansprüche - egal, ob im Flug-, Schiffs- oder Busverkehr - zu beseitigen".

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