Selbstanzeigen von Steuerhinterziehern:Straffreiheit für Asoziale

Die ruhigen Zeiten für Steuerhinterzieher sind vorbei: Die Zahl der Selbstanzeigen hat sich 2013 verdreifacht. Der Staat verbucht das als Erfolg - doch moralisch gesehen ist es eine Bankrotterklärung.

Ein Kommentar von Claus Hulverscheidt

Die Zahl der steuerlichen Selbstanzeigen hat sich 2013 im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, auch wenn sie wohl weniger Ausdruck einer wachsenden Einsicht der Betroffenen als vielmehr dem zunehmenden politischen Druck auf die Steueroasen der Welt geschuldet sein dürfte. So oder so: Die ganz ruhigen Zeiten für Steuerhinterzieher sind vorbei.

Bund und Länder ziehen aus den Zahlen den Schluss, dass sich das Instrument der Selbstanzeige bewährt habe. Das ist verständlich - wenn man die Dinge allein durch die Pragmatismusbrille betrachtet: Die Selbstanzeige erleichtert den Behörden den Job, weil sie die Ermittlungsarbeit den Betroffenen aufbürdet, und sie erschließt dem Staat neue Geldquellen.

Und doch ist sie moralisch gesehen eine Bankrotterklärung, denn sie dient der Politik nicht nur als Ausrede für eine notorisch unterausgestattete Steuerfahndung. Sie bagatellisiert vielmehr hunderttausendfachen Betrug und sorgt für den perversen Umstand, dass ein schwarzfahrender Rentner schneller eine hohe Geldstrafe aufgebrummt bekommt als ein Millionenschwindler.

Dabei ist Steuerhinterziehung vor allem eins: asozial. Wer nämlich den Fiskus hinters Licht führt, der schadet nicht einem anonymen Staat. Er schadet vielmehr allen rechtschaffenen Mitbürgern, die den Beitrag des Tricksers zum Allgemeinwohl mitschultern müssen. Das verdient keine Straffreiheit.

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