Outdoor-Film "North of the Sun":Traumhafte Wellen, tonnenweise Müll

North of the Sun European Outdoor Film Tour

Hohe Wellen in der kalten See: Inge Wegge beim Surfen.

(Foto: Jørn Nyseth Ranum/ EOFT)

Inge Wegge und Jørn Nyseth Ranum lebten neun Monate lang zum Surfen am Strand - und sammelten nebenbei Abfall. Im Interview erzählen die beiden jungen Norweger, wie sich Surfen mit Müllsammeln verträgt.

Von Carolin Gasteiger

Inge Wegge und Jørn Nyseth Ranum lieben Surfen und die Natur. Die beiden jungen Norweger verbrachten neun Monate lang an einem Strand in ihrer Heimat - ohne Komfort oder technische Unterstützung. Alles, was sie brauchten, fanden sie am Strand. Wenn sie nicht in den Wellen waren, sammelten sie Treibholz und vor allem Müll, der angespült wurde. Aus dem konnten sie sich auch ihre Unterkunft bauen, eine kleine Hütte. Insgesamt sammelten sie in einem Dreivierteljahr drei Tonnen Abfall, einen Bruchteil der 6,4 Millionen Tonnen, die laut Bund für Umwelt- und Naturschutz jährlich in den Meeren landen. Der Film "North of the Sun", der aus dem Projekt entstanden ist, läuft bei der diesjährigen European Outdoor Film Tour - mit ihm wollen Inge Wegge und Jørn Nyseth Ranum andere zu mehr Umweltbewusstsein motivieren.

SZ.de: Surfen und Müll sammeln - wie passt das zusammen?

Jørn Nyseth Ranum: Wenn man wie wir die Natur beim Surfen, Wandern oder Snowboarden genießt, interessiert man sich automatisch dafür, die Umwelt zu schonen und zu schützen. Als wir eines Tages an diesem Strand entlang wanderten, fiel uns auf, wie viel Müll ins Meer gelangt und angeschwemmt wird. Trotzdem wollten wir zum Surfen herkommen. Wir begannen darüber nachzudenken, den Abfall zu nutzen und daraus ein Haus zu bauen. Die Idee zu unserem Projekt entstand gleichermaßen aus den Wellen, dem Müll und der Schönheit dieses Ortes.

Warum ausgerechnet Norwegen? Warm ist es da ja nicht gerade.

Über das kalte Wasser haben wir uns wenig Gedanken gemacht, wir tragen ja dicke Wetsuits. Aber Norwegen ist unsere Heimat, an diesem Ort haben wir angefangen, zu surfen. Es ist zwar kälter als anderswo, aber sonst ist fast niemand im Wasser. Und natürlich war dieser Ort auch Ursprung unserer Idee - wir hätten das Projekt nirgendwo sonst machen können.

Hatten Sie jemals Angst vor der Natur?

Wenn wir in richtig hohen Wellen paddeln, fühlen wir schon Adrenalin durch den Körper strömen. Aber richtig beunruhigt haben uns die starken Winde und Stürme. Vielen in der Gegend wurde dadurch das Hausdach abgedeckt. Und in der Nähe der Hütte lagen einige Felsbrocken, die fast herunterfielen. Da war uns schon ein wenig mulmig zumute.

Wie oft war Ihnen im Winter wirklich warm?

Wir hatten eine Regel: Wir verbrennen so viel Feuerholz, wie wir kriegen können. Auf diese Weise war uns tatsächlich die meiste Zeit warm, was auch an den vielen Wollklamotten lag. Wenn es in der Hütte einfach nicht warm wurde, versuchten wir uns eben, zu bewegen.

Wie haben Sie Ihr Holz trocken bekommen?

Das war tatsächlich eines der größten Probleme. Das Treibholz kam ja schließlich aus dem Meer und war vom Salzwasser verfault. Also hackten wir nur die größten Stücke klein und behielten den innersten Teil, der trockener war. Und diese kleinen Stücke trockneten wir dann vor unserem Ofen. Manchmal wurde es in der Hütte gar nicht richtig warm, weil all das nasse Holz die Wärme aufnahm. Im Frühjahr wurde das leichter.

Sie haben den ganzen Winter an dem Strand verbracht. Haben Sie sich verändert in der Zeit?

Wir haben gelernt, die einfachen Dinge im Leben mehr zu schätzen. Und zu erkennen, was wir im Leben beibehalten wollen und was vielleicht nicht so wichtig ist. Aber dann zurück ins "normale" Leben zu kommen, war hart und dauerte eine Weile. Am meisten haben wir Freunde und Familie vermisst - und Gemüse.

Was ist aus der Hütte geworden?

Die steht immer noch am Strand und ist inzwischen bei Besuchern sehr beliebt geworden. Leute schlafen drin und das dritte Gästebuch ist bereits vollgeschrieben.

Mit Ihrem Film wollen Sie zu mehr Umweltbewusstsein aufrufen - was muss sich in der Welt verändern?

Man kann immer noch mehr tun. Was wir verändern müssen, ist unser Verbraucherdenken. Wir müssen mehr darüber nachdenken, was wir brauchen und was notwendig ist. Und die Menschen sollten endlich erkennen, wie viel Macht sie selbst tatsächlich haben, was das betrifft.

Was bedeutet das konkret?

Man muss ja nicht gleich mit der einen großen Idee den Planeten verändern. Alles, was man für die Umwelt tut, ist besser als nichts und schon kleine Taten können etwas bewirken. Auch was Reisen betrifft: Auf der Suche nach Abenteuern muss man nicht um den ganzen Globus fahren - vielleicht liegt das größte Abenteuer im eigenen Hinterhof. Wie bei uns.

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