No-Spy-Abkommen vor dem Scheitern:Ende einer Illusion

NSA Bad Aibling

Ehemalige NSA-Abhörstation im bayerischen Bad Aibling

(Foto: REUTERS)

Nichts ist vom Tisch in der NSA-Affäre: Die USA sperren sich gegen ein Anti-Spionage-Abkommen - es war eine Illusion zu glauben, dass es sich bei der Ausspähung nur um einen Exzess des US-Geheimdienstes handelte. Die Begründung für die Sperrigkeit der US-Regierung ist in allen drei Punkten entlarvend.

Ein Kommentar von Heribert Prantl

Nichts ist trauriger als der Tod einer Illusion. Es war offenbar eine Illusion zu glauben, dass die USA ihre Spähaktionen in Deutschland, gegen Deutschland und gegen Deutsche aufgeben oder zumindest stark einschränken werden. Dem Totalzugriff des US-Geheimdienstes NSA auf die Kommunikationsdaten entspricht die Totalweigerung der US- Politik, sich wenigstens zur Mäßigung zu verpflichten.

Es war offenbar auch eine Illusion zu glauben, es handele sich bei der im Sommer vergangenen Jahres bekannt gewordenen Ausforschung von Bürgern, Behörden, Unternehmen und Organisationen um eine Verirrung, um einen Exzess nur des US-Geheimdienstes, und nicht der US-Politik in toto. Und es war offenbar auch eine Illusion zu glauben, dass es nur ein paar vertraulicher Gespräche bedürfte, um die Sache wieder ins Lot zu bringen.

Nichts kommt ins Lot. Die Sperrigkeit der USA, mit der Bundesrepublik ein No-Spy-Abkommen zu schließen, ist so verstörend, wie es die Abhöraktionen sind und waren. Die Begründung für diese Sperrigkeit ist in allen drei Punkten entlarvend.

Erstens: Die Amerikaner argumentieren, dass sie, wenn sie mit Deutschland ein Abkommen über ein Verbot des Ausspähens schließen, solche Abkommen dann auch mit allen möglichen anderen Staaten schließen müssten. Alle möglichen anderen Staaten sind aber nicht Mitglied der Nato. Deutschland ist Bündnispartner. Bündnispartner behandelt man nicht wie potenzielle Gegner. Das Bündnis, in dem man sich verbündet hat, nennt sich Verteidigungsgemeinschaft. Man konnte bisher glauben, dass mit diesem Bündnis auch das Recht und der Rechtsstaat, das Konzept der "Rule of law", verteidigt werden sollen. Das war und ist offenbar ein Irrtum.

Zweitens: Die Amerikaner haben immer wieder behauptet, es ginge allein um die Abwehr terroristischer Gefahren. Wenn es wirklich nur darum ginge, könnten sie ein Abkommen schließen, in dem sie sich verpflichten, nicht nur die Bundeskanzlerin nicht abzuhören. Unterstellen die Amerikaner dem SPD-Vorsitzenden oder dem bayerischen Ministerpräsidenten oder dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz terroristische Absichten? Die US-Weigerung macht deutlich, dass die Bekämpfung des Terrorismus nur als Vorwand dient. Und drittens zeigt die Rundum-Weigerung der USA, auf die Ausspäherei zu verzichten, dass sie sich für "supra legem" hält - für über dem Gesetz stehend. Die Bundesrepublik wird den USA klarmachen müssen, dass ihre Spionage nach deutschem Recht strafbar ist.

"Das No-Spy-Abkommen mit den USA ist auf gutem Weg", sagte der damalige Kanzleramtsminister Pofalla noch im November. Das war falsch; vielleicht war es eine Lüge. Es war so falsch wie Pofallas Beteuerung vom August, der Vorwurf der "Totalausspähung" sei "vom Tisch". Nichts ist vom Tisch. Dort liegt vielmehr die Frage, ob die schwarz-gelbe Regierung womöglich im Wahlkampf 2013 das Volk über den Ernst der Abhörlage getäuscht hat.

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