Ex-Innenminister und die NSA-Affäre: Für Herrn Friedrich gab es Wichtigeres

Hans-Peter Friedrich, CSU

Für den damaligen Innenminister Hans-Peter Friedrich gab es Wichtigeres als die NSA

(Foto: Eric Piermont/AFP)

Diese ganze NSA-Affäre - für den ehemaligen Innenminister Friedrich war sie also nicht so wichtig. Was aber war ihm überhaupt wichtig? Schwer zu sagen. Auch dem NSU-Prozess oder der Islamkonferenz begegnete er mit Desinteresse. Ob er diese Haltung wohl im neuen Job als Landwirtschaftsminister beibehält?

Ein Kommentar von Thorsten Denkler, Berlin

Nach "Herr Pofalla beendet Dinge" jetzt also "für Herrn Friedrich gab es Wichtigeres". Herr Friedrich, das nur zur Erinnerung, war bis vor kurzem noch Bundesminister des Inneren. Kaum ein Thema hat im vergangenen Jahr sein Amt mehr berührt als die Spionage-Enthüllungen von Edward Snowden. Jetzt hat Hans-Peter Friedrich auf seine Amtszeit zurückgeschaut. Dank seines Interviews mit dem Münchner Merkur wissen wir, was er davon hält. Er sagt: "Als Innenminister hatte ich übrigens wichtigere Themen als die NSA-Affäre."

Schön, dass das mal offen ausgesprochen ist. Hans-Peter Friedrich, CSU, hat ohnehin nicht den Eindruck erweckt, als würde ihn die NSA-Affäre sonderlich interessieren. Den Verdacht der millionenfachen Ausspähung deutscher Staatsbürger durch amerikanische Geheimdienste hat kein anderes Regierungsmitglied so offensichtlich teilnahmslos im Raum stehen lassen wie er. Es war ihm schlicht wurscht. Frei nach dem Motto: Wer nichts zu verbergen hat, muss sich auch nicht fürchten.

Ronald Pofalla, der für Geheimdienste zuständige und in Sachen NSA etwas schläfrige Kanzleramtsminister, wirkte gegen Friedrich geradezu agil. Er hatte immerhin mit viel Verve die ganze Affäre einfach für beendet erklärt. Das hat im Netz zu einer Welle lustiger freier Assoziationen geführt. Stellte sich aber spätestens als Trugschluss heraus, als öffentlich wurde, dass die Amerikaner das Handy seiner Chefin und Kanzlerin Angela Merkel abgehört haben.

Was war Friedrich überhaupt wichtig?

Die Frage ist nun gar nicht so sehr, ob Friedrich die NSA-Affäre wichtig fand oder nicht. Allein die weltweite Empörung zeigt, dass die Affäre bis heute eine außerordentlich hohe Brisanz hat. Und sie zieht komplexe diplomatische Verwicklungen nach sich, wie die stockenden Verhandlungen zwischen Deutschland und den USA um ein No-Spy-Abkommen zeigen.

Die Frage ist eigentlich, ob Friedrich überhaupt irgendetwas in seinem Amt wichtig war. Er wollte den Posten nicht. Er war mit seinem vorherigen Job des Landesgruppenchef der CSU im Bundestag glücklich und zufrieden. Und ließ das jeden spüren.

Das offensichtliche Desinteresse, mit dem er etwa auf manchen Treffen der Islamkonferenz den Teilnehmern begegnete, zeugt davon. Es gab halt Wichtigeres.

Die Mordserie der NSU hat ihn jedenfalls nicht erkennbar berührt. Als es im Nachgang um die Reform des bundesdeutschen Verfassungsschutzes ging, schien es, als ginge ihn die Kritik am anerkannten Behördenversagen nichts an. Es gab wohl Wichtigeres.

In der NSA-Affäre vermittelte er den Eindruck, nicht die Amerikaner hätten Mist gebaut. Sondern wir alle sollten uns mal nicht so anstellen. Es gebe schließlich ein "Supergrundrecht" auf Sicherheit. Eine Formulierung, die, um es mal mit den Worten von SPD-Chef Sigmar Gabriel in einem anderen Zusammenhang zu sagen, "Quatsch" ist.

Jetzt ist Friedrich Landwirtschaftsminister. Zuständig auch für Ernährung. Gut daran ist nur, dass er nicht mehr Innenminister ist. Aber die nächsten Lebensmittelskandale kommen bestimmt. Da darf sich schon jeder ausmalen, wie Friedrich damit umgehen wird. Pferdefleisch in der Lasagne? Hat noch keinem geschadet. Dioxin in Eiern? Das Leben ist halt immer ein Risiko. Gammelfleisch? So gammelig war das doch gar nicht!

Und am Ende gibt er ein Interview. Und darin wird er wieder diesen Satz sagen, in dem die ganze Wahrheit über Friedrich steckt: "Es gab Wichtigeres."

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