Verhaltensbiologie:Falken filmen Angriffe auf die Beute

US-Forscherinnen haben Falken mit winzigen Kameras ausgestattet. Die Aufnahmen zeigen, dass die Raubvögel sich nicht einfach auf ihre Beute stürzen, sondern diese geschickt täuschen.

Von Markus C. Schulte von Drach

Nachdem kürzlich ein Video für Aufsehen gesorgt hat, das ein Adler mit einer von ihm gestohlenen Kamera gedreht hatte, haben Forscher nun Filme veröffentlicht, bei denen die Kameraleute ebenfalls Raubvögel sind. Diesmal allerdings waren die Falken gezielt mit den Aufnahmegeräten ausgestattet worden. Ziel war es, die Jagd auf ihre Beute aus der eigenen Perspektive der Vögel zu beobachten.

Wie Suzanne Kane vom Haverford College in Pennsylvania und ihre Studentin Marjon Zajami im Journal of Experimental Biology berichten, nutzen die Falken eine besondere Strategie, um von ihrer Beute möglichst spät bemerkt zu werden. Sie stürzen sich nicht einfach auf sie, sondern nähern sich in einem so flachen Winkel, dass ihr Opfer den Eindruck hat, sie würden sich nicht auf sie zu bewegen, sondern auf einer Stelle verharren. Der einzige Hinweis, den die Beute auf die tatsächliche Bewegung ihres Jägers hat, ist die zunehmende Größe des Räubers.

Mit Hilfe von Falknern in Großbritannien, den USA, den Niederlanden und Belgien statteten die Forscherinnen acht Vögel mit winzigen "Rucksäcken" oder mit einer Haube mit einer Kamera aus. Dabei handelte es sich um einen Gerfalken (Falco rusticolus), Mischlinge aus Ger- und Sakerfalken (F. cherrug) sowie Wanderfalken (F. peregrinus).

Die Aufnahmen sowie Videos von Falken aus der Distanz wurden mit Hilfe eines Computers analysiert, um die Flugbahnen und Perspektiven von Räubern und Beute nachzuvollziehen. Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre Daten helfen, die Evolution des Verhaltens der Vögel zu verstehen. Es dürfte sich um das Ergebnis eines sogenannten evolutionären Wettrüstens (arms race) handeln, bei der sich verschiedene Arten - etwa Räuber und Beute oder Parasit und Wirt - jeweils an die Eigenschaften des anderen anpassen.

Die Taktik der Raubvögel, aus einem Winkel anzugreifen, der es der Beute erschwert, sie zu sehen, erinnert ein wenig an jene deutscher Kampfflieger des Ersten Weltkriegs. Diese waren bekannt dafür, alliierte Flugzeuge möglichst mit der Sonne im Rücken anzugreifen. Unter den britischen Piloten kursierte deshalb der Spruch: "Beware the Hun (Spitzname für die Deutschen) in the sun."

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