Gewalt in Indien:Dorfrat soll Gruppenvergewaltigung beschlossen haben

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Weil sie eine Affäre hat, soll eine junge Frau eine Geldstrafe zahlen. Ihre Familie kann das Geld nicht aufbringen - da beschließt der Dorfrat laut Medienberichten die Vergewaltigung der 20-Jährigen. Indische Politiker zeigen sich erschüttert über die Tat, an der mehr als zehn Männer beteiligt gewesen sein sollen.

Auf Beschluss des Dorfrats ist in Indien eine junge Frau einer Gruppenvergewaltigung ausgeliefert worden. Die Misshandlung durch etwa ein Dutzend Männer im Bundesstaat Westbengalen sei als Strafe verhängt worden, weil die 20-Jährige eine Affäre mit einem jungen Mann aus einem Nachbardorf gehabt habe, sagte der zuständige Polizeichef.

Die unverheiratete Frau vom Stamm der Santhal und der Mann, ein Muslim aus einem nahe gelegenen Dorf, seien vor den Rat gezerrt und an zwei Bäume gefesselt worden, heißt es weiter. Als die Eltern der Frau angedeutet hätten, dass sie die Strafe in Höhe von umgerechnet 295 Euro nicht aufbringen könnten, habe der Rat die Vergewaltigungsstrafe ausgesprochen. In einer Hütte sollen die Männer später über die Frau hergefallen sein. Der junge Mann sei unter der Auflage freigelassen worden, seine Strafe binnen einer Woche zu begleichen.

Insgesamt 13 von der Frau identifizierte Verdächtige, darunter der Vorsitzende des Dorfrats, wurden nach Polizeiangaben festgenommen. Sie mussten vor einem Gericht erscheinen, das ihnen eine Freilassung auf Kaution verwehrte. Die junge Frau wurde demnach in ein Krankenhaus gebracht. Fernsehbilder zeigen die Frau mit einem Tuch um den Kopf. "Sie haben mich vergewaltigt, alle waren sie im Alter meines Vaters", sagt sie mit leiser Stimme.

Stammes- und Kastenräte haben vor allem in Teilen des nördlichen Indiens einen starken Einfluss auf das gesellschaftliche Leben. Regelmäßig verhängen sie für bestimmte moralische Verfehlungen harte Strafen.

Diskrepanz zwischen Verfassung und Gesellschaft

Internationale Medien berichten verstärkt über Gruppenvergewaltigungen in Indien, seitdem im Dezember 2012 eine 23-Jährige Studentin in der Hauptstadt Delhi von mehreren Männern in einem Kleinbus vergewaltigt worden war und später im Krankenhaus starb. Das Verbrechen trieb in ganz Indien Tausende Menschen auf die Straße, um gegen die verbreitete sexuelle Gewalt gegen Frauen und die Gleichgültigkeit der Behörden zu protestieren. Die Politik reagierte mit der Einführung der Todesstrafe bei Vergewaltigungen mit Todesfolge.

Dennoch wurden seither immer wieder schwere Sexualverbrechen bekannt, unter anderem auch an ausländischen Touristinnen. Die vom Dorfrat beschlossene Gruppenvergewaltigung in Subalpur, wurde im gesamten politischen Spektrum Indiens als abscheulich verurteilt. "In einem demokratischen Land, das auf Rechtsstaatlichkeit fußt, kann keine Selbstjustiz erlaubt werden", sagte Informationsminister Manish Tewari vor Journalisten. Die Frauenrechtsaktivistin Kavita Krishnan beklagte eine große "Diskrepanz zwischen unserer Verfassung und unserer Gesellschaft".

Die Region, in der die junge Frau vergewaltigt wurde, geriet bereits vor vier Jahren in die Schlagzeilen, als ein Mädchen im Teenageralter zur Strafe für eine Liebesbeziehung gezwungen wurde, nackt durch vier Dörfer zu laufen. Hunderte Dorfbewohner belästigten sie auf ihrem Weg und filmten die Tortur mit ihren Handykameras, schreibt die Times of India. Jetzt lebt die junge Frau in einer staatlichen Einrichtung.

© Süddeutsche.de/AFP/feko - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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