Weltbild-Verlag in der Insolvenz:Streit in Himmelspforten

Weltbild-Beschäftigte demonstrieren bei Bischofs-Treffen

Wütende Weltbild-Beschäftigte treffen auf den Erzbischof von München und Freising, Reinhard Kardinal Marx.

(Foto: David Ebener/dpa)

Die katholischen Bischöfe streiten über finanzielle Hilfen für den insolventen Weltbild-Verlag. 65 Millionen Euro sind versprochen - doch welches Bistum zahlt wie viel? Kurzfristig könnte sogar noch sehr viel mehr Geld nötig werden.

Von Stefan Mayr, Augsburg, und Katja Riedel

Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz hat am Montag in Würzburg über die Zukunft der insolventen Weltbild-Verlagsgruppe beraten. Eine offizielle Erklärung zum Ergebnis soll es an diesem Dienstag geben. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wollen aber die Bischöfe die vielfach geforderte und von einzelnen Kirchenvertretern bereits versprochene Finanzspritze in Höhe von 65 Millionen Euro bewilligen, um die Folgen der Insolvenz zu mildern. Uneinigkeit gibt es darüber, welches Bistum wie viel beitragen soll.

Vor der Versammlung im Exerzitienhaus Himmelspforten hatten sich etwa 60 Mitarbeiter der Weltbild-Zentrale, die in Augsburg ansässig ist, mit Fahnen, Plakaten und Trillerpfeifen postiert, um für die Rettung der insgesamt 6300 Arbeitsplätze zu demonstrieren. Das Versandhaus hatte am 10. Januar überraschend Insolvenz angemeldet. Die Geschäftsführung hatte von den kirchlichen Anteilseignern überraschend einen Zuschuss in Höhe von 130 Millionen Euro gefordert - statt wie bisher 65 Millionen. Die beteiligten Bischöfe hatten diese Forderung am 9. Januar abgelehnt.

Diese Entscheidung kritisieren die Arbeitnehmer-Vertreter scharf. Jedem Bischof, der am Montagmorgen durch die Einfahrt des Würzburger Klosters fuhr, riefen die Mitarbeiter hinterher: "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut." Der Münchner Kardinal Reinhard Marx und sein Augsburger Kollege Konrad Zdarsa stellten sich den Demonstrierenden. Dabei räumte Marx eine Mitschuld der Kirche an der Krise ein: "Ich verhehle nicht, dass wir als Eigentümer Mitverantwortung tragen." Zudem versicherte er, die finanziellen Zusagen einzuhalten. "Die 65 Millionen Euro, die wir versprochen haben, zu denen stehen wir auch", sagte er, "jedenfalls wir beide werden uns dafür einsetzen".

In der Vergangenheit hatten die Bischöfe immer wieder um die Zukunft von Weltbild gestritten. Auch jetzt sind dem Vernehmen nach eine Reihe von Bischöfen und über Marx' und Zdarsas Vorpreschen verärgert. Die Bistümer Augsburg und München-Freising hatten in der vergangenen Woche bereits 35 Millionen Euro Soforthilfe in Aussicht gestellt - und damit die anderen Diözesen unter Zugzwang gesetzt. "Was wir hier erleben, ist ein absolut unwürdiges Gezanke auf Kosten der Arbeitsplätze", klagte die Gewerkschaft Verdi vor der Versammlung. Betriebsratschef Peter Fitz forderte die Bischöfe auf, "sich einen Stoß zu geben und ihre Uneinigkeit zu beenden".

Ob und wie lange die 65 Millionen Euro von den Kirchen genügen, um das Unternehmen über Wasser zu halten, ist allerdings offen. Nach SZ-Informationen hat sich Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz vom Amtsgericht Augsburg einen Kreditrahmen in Höhe von 100 Millionen Euro genehmigen lassen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Allem Anschein nach braucht das Unternehmen also kurzfristig sogar noch mehr als die 65 Millionen Euro.

Dieser überraschend hohe Kreditrahmen birgt für das Personal allerdings auch eine gute Nachricht: Geiwitz geht damit ein hohes persönliches Risiko ein. Sollten die Kredite platzen, müsste er selbst dafür gerade stehen. Mit seinem Schritt setzt er also ein positives Signal und zeigt, dass er an die Zukunft des Unternehmens glaubt.

Weltbild gehöre bis zur Insolvenz zwölf katholischen Bistümern, dem Verband der Diözesen Deutschlands und der Katholischen Soldatenseelsorge Berlin. Von der Insolvenz betroffen sind etwa 2200 Mitarbeiter am Stammsitz in Augsburg. Nach einem Bericht des Manager Magazins gehen Experten davon aus, dass Weltbild als Ganzes kaum sanierungsfähig sei. Allein in der Zentrale sei "jede zweite Stelle überflüssig".

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