Städtische Krankenhäuser:Drastische Schrumpfkur

Städtische Krankenhäuser: Schrumpfkur: Besonders hart wird die Klinik in Schwabing getroffen.

Schrumpfkur: Besonders hart wird die Klinik in Schwabing getroffen.

(Foto: Catherina Hess)

Weniger Betten, Stellenabbau und ein Standort wird ganz aufgegeben - all das sieht das Sanierungsgutachten für die städtischen Krankenhäuser vor. Auch betriebsbedingte Kündigungen sind jetzt kein Tabu mehr.

Von Dominik Hutter und Silke Lode

Die finanziell angeschlagenen städtischen Krankenhäuser stehen vor einer radikalen Verkleinerung. 30 der insgesamt 69 Abteilungen sollen zusammengelegt werden, die Kapazität des Stadtklinikums würde damit um 20 bis 30 Prozent schrumpfen. Besonders hart werden die Kliniken in Schwabing und Harlaching getroffen.

Die Eckpunkte des Sanierungsgutachtens, die Berater der Boston Consulting Group dem Klinik-Lenkungskreis um Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) am Dienstag vorgelegt haben, sehen vor, dass in Schwabing nur noch eine Poliklinik mit Notfallversorgung und ein Mutter-Kind-Zentrum erhalten bleiben. Das Krankenhaus, das auf eine mehr als 100-jährige Geschichte zurückblickt, würde dann statt derzeit 880 nur noch 200 bis 300 Betten haben. Beschlossen ist noch nichts, das Thema steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Stadtrats.

Eine Notfallversorgung ist auch in Harlaching weiterhin vorgesehen. Dort soll laut dem Konzept, das eine Vision für das Jahr 2020 darstellt, das einzige Neurozentrum des städtischen Klinikverbunds etabliert werden. Weitere Schwerpunkte sind die Altersmedizin sowie ein Mutter-Kind-Zentrum. Schwabing und Harlaching verlören damit ihren Status als Maximalversorger, das mit Abstand größte Klinikum wäre dann Bogenhausen.

Der dortige Klinik-Komplex soll nach den Plänen von 985 auf bis zu 1100 Betten ausgebaut werden, in denen Patienten aus fünf Zentren versorgt werden. Ein Herz- und Gefäßzentrum sind ebenso vorgesehen wie ein Neuro-, ein Darm-, ein Trauma- und ein Lungenzentrum. Die heute vorhandenen Parallelabteilungen aus Schwabing, zu Teilen auch aus Harlaching, würden dann nach Bogenhausen verlagert. Allerdings muss das Klinikum zuvor komplett saniert werden.

Größer werden soll auch das Klinikum Neuperlach, wo das vorhandene Darmzentrum sowie die Herz-Gefäßchirurgie ausgebaut werden sollen. Auch der Aufbau eines Diabeteszentrums ist für Neuperlach geplant. Ein Notfallzentrum wird es dort ebenso wie in Bogenhausen geben. Komplett aufgelöst werden soll bis zum Jahr 2020 die dermatologische Fachklinik an der Thalkirchner Straße. Sie würde mit etwa 140 Betten nach Neuperlach verlagert, wo die Planer dann mit 700 bis 800 Betten anstatt der heutigen 520 rechnen. Was mit den freiwerdenden Flächen in Schwabing, Harlaching und an der Thalkirchner Straße geschieht, ist offen.

"Ergebnisoffene Diskussion"

Ude betonte, dass dies bisher lediglich die Vorschläge seiner Berater seien, denen weder ein Gremium im Rathaus noch im Klinikum zugestimmt habe. "Auch wenn wir unter Zeitdruck stehen, führen wir eine ergebnisoffene Diskussion", sagte Ude. Allerdings gab er für sämtliche Änderungswünsche eine Maßgabe aus: "Wer Vorschläge aus dem Sanierungskonzept rauskicken will, muss andere machen, die genauso so viel bringen."

Den Abbau von insgesamt etwa 800 Betten und den damit einhergehenden Stellenabbau bezeichnete Ude als "sicher schmerzlichen Schritt" für das Stadtklinikum. Wie groß der Einschnitt beim Personal ausfällt, weiß Boston Consulting noch nicht im Detail. Dies soll aber Bestandteil des ausführlichen Sanierungsgutachtens sein, das in dreieinhalb Wochen fertig sein soll. Erstmals schloss Ude betriebsbedingte Kündigungen als "ultima ratio" nicht mehr aus. Wenn die Alternative die Insolvenz des gesamten Konzerns sei, dürften auch solche Überlegungen nicht tabu sein.

Allerdings geht der Oberbürgermeister davon aus, dass sich auch der neue Stadtrat intensiv darum bemüht, einen solchen Schritt zu vermeiden. Von den Klinik-Mitarbeitern werde aber eine gewisse Flexibilität erwartet. Niemand dürfe darauf bestehen, am gewohnten Standort zu bleiben. Dominik Schirmer, der für die Gewerkschaft Verdi im Klinik-Aufsichtsrat sitzt, will mit der Stadt eine Sanierungsvereinbarung abschließen, in der auch die Mitsprache der Betriebsräte garantiert ist. "Machen wir uns nichts vor: Es wird weh tun", sagte der Gewerkschafter.

Erfreut zeigte sich Ude, dass das medizinische Angebot weitestgehend erhalten bleiben könne und an allen vier Standorten, die es auch nach 2020 noch geben soll, Notaufnahmen erhalten bleiben sollen. Allerdings stehen bis zu fünf Fachabteilungen gänzlich zur Disposition. Um welche Abteilungen es sich handelt, wollte Ude nicht sagen. Er rechnet jedoch bei diesem Thema mit harten Diskussionen in den zuständigen Gremien. Das Stadtklinikum mit seinen derzeit fünf Häusern steckt seit gut drei Jahren in einer massiven finanziellen Krise. Ude machte klar, dass eine weitere Finanzspritze der Stadt unausweichlich ist, um die spätestens 2016 drohende Insolvenz zu verhindern.

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