Neue U-Bahnlinie U9:Hallo Berlin, wir haben ein Konzept

Grafik geplante U-Bahn-Verbindung U9

Sorgt für Diskussionen: So sähe die neue U9 aus.

(Foto: SZ-Grafik/MVG-München)

Bringt die geplante neue U-Bahnlinie wirklich eine Entlastung oder nur hohe Kosten? Sollte die Stadt das Projekt U9 also weiterverfolgen? Oder braucht München ganz andere Lösungen in der Verkehrspolitik? Ein Pro und Contra.

Von Marco Völklein und Christian Krügel

Die U 9 brächte eine wirkliche Entlastung, die es mit Ausbaumaßnahmen etwa bei der Tram nicht geben kann. Darum ist es wichtig, die langfristige Planung der U 9 voranzutreiben, findet Marco Völklein.

Sinnvolles Zukunftsprojekt

Nein, die geplante U-Bahn-Linie U 9 wird nicht alle Verkehrsprobleme dieser Stadt und ihres Umlands lösen. Das kann und soll sie ja auch gar nicht. Dazu bedarf es weiterer Ausbaumaßnahmen, beispielsweise neuer Trambahnstrecken durch die Fürstenrieder Straße, durch den Englischen Garten und, ja, auch durch den Münchner Süden.

Diese Strecken werden seit fast zwei Jahrzehnten diskutiert, realisiert wurde bislang keine einzige. Das ist ein verkehrspolitisches Trauerspiel, genauer: ein Vollversagen der rot-grünen Rathaus-Mehrheit. Und ein neuer OB wird hier richtig Gas geben müssen.

Und dennoch ist es ebenso sinnvoll wie notwendig, parallel dazu die Entlastungslinie U 9 weiter voranzutreiben. Denn anders als die Trambahn-Projekte, die in der nächsten Stadtrats-Periode angegangen werden müssen, ist die U 9 eine Langfrist-Angelegenheit.

Ja, es stimmt: Derzeit würde der Bund für ein solches Projekt nie und nimmer Zuschüsse zahlen, weil nach den aktuell gültigen Kalkulationsregelungen dies gar nicht möglich wäre. Mal ganz abgesehen davon, dass ohnehin unklar ist, wie viel Geld der Bund künftig für solche Projekte überhaupt noch bereitstellen wird.

Zumindest die Fachpolitiker auf allen Ebenen haben das Problem erkannt. In ein paar Jahren könnte tatsächlich eine neue Finanzierungsgrundlage für innerstädtische Entlastungsprojekte stehen. Und dann wäre es gut, wenn München sofort den Finger heben und sagen könnte: Hallo Berlin, wir haben hier ein fertig geplantes, klug durchdachtes Konzept, um die Innenstadtlinien zu entlasten. Denn dass dies nötig ist, zeigt sich Tag für Tag in den jetzt bereits überfüllten Waggons und Bahnhöfen. Tangentialen helfen, dieses Problem zu lindern. Es zu lösen - dazu braucht es die U 9.

Teure Tagträume

Die vielen S-Bahn-Pendler können über eine mögliche neue U-Bahn in der Innenstadt nur gequält lachen. Die Pläne zur U 9 vernachlässigen den Großraum, findet Christian Krügel.

MVG-Chef Herbert König will für Milliarden Euro eine neue U-Bahn in Münchens Innenstadt buddeln, damit es in der U 6 und U 3 nicht mehr ganz so voll ist. Mit Verlaub, darüber kann der gequälte S-Bahn-Pendler nur herzlich lachen. Der wäre ja schon froh, wenn er aus den Außenbezirken und dem Umland überhaupt erst mal in die Innenstadt käme.

Am Montag und Dienstag dieser Woche strandeten wieder Tausende von ihnen morgens in Pasing, weil ein Notarzteinsatz die Stammstrecke blockierte. Schnelle Alternativ-Routen gibt es nicht, weil der notwendige zweite Tunnel auch nach zwölf Jahren Debatte nur auf bunten Plänen existiert. Und weil es die Verkehrspolitiker bis heute verschlafen haben, Ausweichstrecken zu schaffen.

Eine Verlängerung der U 5 nach Pasing? Totdiskutiert im stadt- und parteipolitischen Zwist, obwohl sie im Vergleich zu Königs Traumlinie für etwa 270 Millionen günstig zu haben wäre. Eine Verlängerung der U 4 nach Englschalking? Wurde nie mit Nachdruck verfolgt. Ein Ausbau des S-Bahn-Südrings? Blieb im Scharmützel um den zweiten Tunnel auf der Strecke. Tangentiale Verbindungen an der City vorbei? Hat nie jemand ernsthaft diskutiert. All das wäre aber wichtiger als eine U 9: Es böte den Pendlern mehr Umsteigemöglichkeiten und könnte so die Innenstadt entlasten.

Die Region wird in den nächsten 15 Jahren dramatisch wachsen. Aber die erwarteten 300 000 zusätzlichen Einwohner werden sich nicht in Sendling und Schwabing ansiedeln, sondern in Freiham, Daglfing und im Umland. Deshalb braucht es Investitionen in Projekte, welche die Pendlerströme von draußen besser verteilen. Alles andere sind Tagträume von Planern, die die City im Blick haben, aber den Großraum vergessen.

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