Deutsche Medaillenbilanz:#WirfuerM schafft den Schmarrn ab

Sotschi 2014 - Rodeln

Sieger: Natalie Geisenberger und Georg Hackl, genannt Hacklschorsch feiern Gold im Rodeln.

(Foto: dpa)

Wie kann die deutsche Mannschaft 2018 wieder mehr Medaillen gewinnen? Die erlesene Expertenkommission "Wir für Medaillenspiegel" hat bereits in Sotschi ein Konzept erarbeitet, das SZ.de vorliegt. Die bange Frage: Kann man in der "Hahfpaip" rodeln?

Eine Satire von Johannes Knuth, Benjamin Romberg und Thomas Hummel

Große Bestürzung im deutschen Wintersportlager: Bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi ist die Mannschaft auf Rang sechs im Medaillenspiegel abgerutscht. Hinter Holland! Mickrige 19 Plaketten haben die Athleten mitgebracht. Dabei hatte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) mindestens 27 gefordert.

Warum? Neureuther trifft Blitzeis, Eisschnellläuferinnen streiten, Biathleten tauchen mit dem Gewehr in den Schnee oder ergänzen ihre Nahrung. Und Bobs können die Deutschen auch nicht mehr bauen.

Der DOSB rief noch vor der Schlussfeier in Sotschi eine Task Force mit dem Titel "Wir für Medaillenspiegel" (auf Twitter: #WirfuerM) ein. Mitglieder: Michael Vesper, Alfons Hörmann, Hacklschorsch, Wendlarlt, Höfl-Riesch, Katarina Witt, Franz Beckenbauer, Katrin Müller-Hohenstein und Gerhard Delling. #WirfuerM einigte sich auf ein Konzept, wie in Pyeongchang Deutschland wieder die Nummer eins wird. Das Papier liegt der Sportredaktion von SZ.de vor. Die wichtigsten Auszüge:

Fachgebiet neue Disziplinen: #WirfuerM ist sich einig, dass es bei Winterspielen zu wenige Rodelwettbewerbe gibt. Deshalb empfiehlt #WirfuerM dem Internationalen Olympischen Komitee, für die Winterspiele 2018 folgende Disziplinen auszutragen: Rodel-Mixed-Doppelsitzer, Rodel-Dreifachsitzer, Rodel-Vierfachsitzer, Rodel-Massenstart, Rodel-Verfolgung, Rodel-Sprint, Rodeln auf der Normalbahn, Rodeln auf der Großbahn.

Zudem wurde erörtert, die Skisprung-Wettbewerbe zu erweitern (Mixed-Normalschanze, Mixed-Großschanze, Massenspringen). Letzteres soll aber nochmal beraten werden, Franz Beckenbauer wirft ein: "Da gewinnen dann doch wieder die Österreicher".

Fachgebiet Material: #WirfuerM stellt fest, dass aus der Rodel- und Bobrepublik Deutschland in Sotschi eine reine Rodelrepublik geworden ist. Bob-Bundestrainer Christoph Langen aus Unterhaching hat dem DOSB seinen Rücktritt angeboten, #WirfuerM lehnt auf Anraten von Hacklschorsch ab: "Sonst machen es am Ende noch die Oberhofer." Stattdessen schlagen Wendlarlt vor, die deutschen Bobs künftig von Hacklschorsch anfertigen zu lassen. Das wird einstimmig angenommen (Hacklschorsch wurde bei der Abstimmung für die Länge eines 0,5-Weißbier-Getränks aus dem Raum geschickt). Zudem wird eine Unterkommission #WirfuerHacklschorsch bestehend aus Hacklschorsch, Wendlarlt und ZDF-Rodelkommentator Norbert Galeske gebildet.

Fachgebiet neue Sportarten: Beim diesem Thema kommt es nach Informationen der SZ zu erregten Debatten. Laut Beckenbauer, Hörmann, Hacklschorsch und Wendlarlt sollte dieses neumodische Zeug wieder abgeschafft werden, weil "des Schloupschteil" ohnehin ein Schmarrn sei und kein Mensch in dieser "Hahfpaip" rodeln könne. Beckenbauer bietet an, zusammen mit dem Emir von Katar beim Bachthomas deshalb vorstellig zu werden.

Stattdessen regt #WirfuerM an, sich auf Tradition zu besinnen. "Hinter der olympischen Idee steht ja auch irgendwie eine Wertegemeinschaft", erklärt DOSB-Generalsekretär Michael Vesper unter Applaus. Der Vorschlag, "Eisstockschießen" wieder ins olympische Programm aufzunehmen, wird zunächst verworfen ("Das ist doch wie Curling, da gewinnen wir auch nie"). Die Sportart "Mützenhäkeln" erhält mehr Zuspruch ("Da haben wir mit Magdalena Neuner eine klare Goldfavoritin").

Müller-Hohenstein und Delling pochen darauf, dass die Disziplin Literatur nach 1948 wieder olympisch werden muss. "Da sind wir unschlagbar", ruft Müller-Hohenstein und führt auf ihrem Tablet-Computer die Goldfahrt von Felix Loch in der ZDF-Mediathek vor: "Eisige Stille im Starthaus, der Puls rast, das Herz pocht. Grün, grün ist die Farbe, die wir sehen wollen auf der Triumphfahrt zu Gold. Beruhige uns. Ja! Er wird schneller, der Felix, er macht es, er macht das Ding. Vater und Sohn im Olymp! Wir schauen voller Stolz auf das Tableau. Feiern die erste Goldmedaille für Deutschland. Wir genießen noch einmal, Hut ab. Felix, du Glücklicher!" Alle raunen vor glückseliger Entzückung, Katarina Witt weint, Hacklschorsch holt sich noch ein Flascherl.

Fachgebiet Einbürgerung macht Probleme

Fachgebiet Regeländerungen: Nach dem durchwachsenen Ergebnis der Medaillenschmiede Biathlon regt #WirfuerM an, die Regeln der Sportart zu modifizieren. Als Hauptproblem wird das Langlaufen erkannt, schließlich gibt es nirgendwo so viele Schützenvereine wie in Deutschland. Diskutiert werden kürzere Strecken (Höfl-Riesch: "Einmal um den Schießstand rum muss doch reichen"), statt Strafrunden lieber akrobatische Einlagen (Witt: "Ein dreifacher Flip mit Ski würde mir gefallen") oder gar kein Laufen mehr. Letzteres wird skeptisch beurteilt ("Nur Schießen, das gibt es schon."). #WirfuerM erwägt, die Sportart Biathlon komplett abzuschaffen, stellt aber fest, dass dieser Plan am Widerstand der norwegischen Königsfamilie und des Bürgermeisters von Ruhpolding scheitern dürfte. Die Unterkommission #WirfuerLena bestehend aus Magdalena Neuner, Herbert Fritzenwenger und ARD-Mann Matthias Opdenhövel wird beauftragt, weitere Vorschläge zu erarbeiten.

Fachgebiet Einbürgerung: Hier sieht #WirfuerM großes Potenzial. Wenn auch die Umsetzung nicht ganz unproblematisch sein dürfte ("Rumänen und Bulgaren können ja auch nicht Skifahren. Und welcher Holländer oder Österreicher will schon Deutscher werden?"). Eine Unterkommission #HilfefürD mit Beckenbauer, Witt und Ex-Minister Hans-Peter Friedrich ("hat ja jetzt Zeit") soll hier nach Lösungen suchen.

Fachgebiet Babysitting: #WirfuerM ist sich einig, dass die Medaillenausbeute deutlich höher hätte ausfallen können, wenn die Sportler in der Vorbereitung besser beaufsichtigt worden wären. Künftig soll den Athleten zwei Monate vor Beginn der Spiele der Führerschein weggenommen werden ("Eine Leitplanke zählt nicht zu den Edelmetallen"). Zudem wurde beschlossen, dass die Athleten im Olympischen Dorf nur in Begleitung von einem Aufpasser zum Kiosk gehen dürfen, um sich einen Riegel oder eine Gummischlange zu holen. Alles außer Weißbier (Hacklschorsch und Beckenbauer: "Da fehlt sich nix") müsse von einem Vorkoster, der danach unverzüglich dopinggetestet wird, geprüft werden.

Fachgebiet interdisziplinäres Training: Das Abschneiden könne optimiert werden, wenn es einen intensiveren Austausch zwischen den Disziplinen gäbe. Synergien schaffen, heißt das Prinzip. Uneinig war man sich, welche Sportarten sinnvoll zu kombinieren wären. Der Vorschlag, die Nordischen Kombinierer zu den Shorttrackern zu schicken, wurde abgelehnt ("Die schießen sich ja auch aus der Kurve"). Und Slalomfahrer zu den Biathletinnen? Bloß nicht mehr! Eine Unterkommission #WirfuerFelix aus Felix Neureuther, Miriam Gössner und Beckenbauer soll hier nach Lösungen suchen.

Fazit: Die Kommission "Wir für Medaillenspiegel" spricht sämtlichen Sportlern, Trainern und Betreuern "vollstes Vertrauen" aus. Weist allerdings darauf hin, dass Franz Beckenbauer nicht mehr die Lichtgestalt von Pechvögeln und Verlierern sein will (Laut Protokoll nicken alle Anwesenden in diesem Moment zustimmend). Vesper und Hörmann kündigen an, dass die Zielvereinbarungen 2018 entsprechend angepasst werden: auf 50 Medaillen.

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