Sanierung der Münchner Kliniken:Wie Harlaching gerettet werden soll

Sanierung der Münchner Kliniken: Was wird aus dem Klinikum in Harlaching?

Was wird aus dem Klinikum in Harlaching?

(Foto: Catherina Hess)

Neben vielen Kommunalpolitikern lehnt nun auch Gesundheitsreferent Joachim Lorenz den Schrumpfkurs ab, den OB Christian Ude plant. Die Gemeinde Grünwald bietet an, sich finanziell zu beteiligen - doch es gibt auch ganz andere Stimmen.

Von Stefan Mühleisen und Jürgen Wolfram

Unmittelbar vor der Veröffentlichung des detaillierten Sanierungskonzepts für das Stadtklinikum formiert sich breiter Widerstand gegen die drastische Schrumpfkur für das Krankenhaus Harlaching. Selbst in der Stadtspitze gibt es Kritik: "Ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass das gesamte Spektrum für alle Notfälle angeboten wird", sagte Gesundheitsreferent Joachim Lorenz (Grüne) am Mittwochabend bei einer Informationsveranstaltung in Harlaching. Er griff damit die Forderung auf, wichtige Fachabteilungen zu erhalten und die Klinik nicht auf eine sogenannte Portalklinik mit lediglich ambulanter Notfallversorgung zu reduzieren. Kritik am Sanierungskonzept äußern etwa der Hausärzteverband, Klinikärzte und viele Stadtteilpolitiker.

Bisher sind nur die Eckpunkte eines Sanierungsgutachtens bekannt, das die Beraterfirma Boston Consulting Group erstellt hat. Dieses sieht vor, nur noch die Standorte in Bogenhausen und Neuperlach als Maximalversorger zu erhalten; beide sollen saniert und ausgebaut werden. In Harlaching sollen bis 2020 von den derzeit 750 Betten 250 bis 350 abgebaut werden, das Klinikum Schwabing soll von 900 auf 200 Betten schrumpfen. Beide Häuser würden damit zu Portalkliniken mit einzelnen Spezialabteilungen und lediglich einer ambulanten Notfallversorgung.

Mit den Plänen nicht einverstanden

Lorenz ließ jedoch durchblicken, dass er mit den Streichplänen für Harlaching nicht einverstanden ist. "Aus meiner Sicht brauchen wir hier einen angemessenen fachlichen Hintergrund für eine stationäre Nothilfe", sagte er und nannte die Bereiche Inneres, Chirurgie, Anästhesie sowie Neurologie, welche die Klinik weiterhin angemessen bereitstellen solle. Er gab zudem zu bedenken, dass der in Harlaching stationierte Rettungshubschrauber die Hälfte der Notfallpatienten nach Harlaching und Schwabing bringe. "Das zeigt die Bedeutung der Häuser", sagte Lorenz und gab zu erkennen, dass nicht Harlaching, sondern der Standort in Neuperlach zum "Satellitenkrankenhaus" werden solle.

Die Erweiterungspläne dort sieht offenbar auch der Chef der Lokalbaukommission, Cornelius Mager, skeptisch. In Neuperlach gebe es "nur eine gewisse Verdichtungsfläche", sagte er. Für das Harlachinger Areal gebe es laut Bebauungsplan viele Entwicklungsmöglichkeiten. "Das Gelände hat Zukunft." Das detaillierte Sanierungskonzept wird Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), zugleich Chef von Aufsichtsrat und Lenkungskreis des Klinikums, voraussichtlich an diesem Freitag vorstellen.

Zugleich warnen Mediziner davor, dass die Akutversorgung von Schwerverletzten und schwerkranken Menschen im Süden von Stadt und Landkreis München nicht mehr gewährleistet sei. "Das ist so, als wenn in München die Standorte der Feuerwehr halbiert werden", sagte Ulrich Heindl, Oberarzt in der Harlachinger Nothilfe. Nach seiner Kenntnis habe auch der Rettungszweckverband bereits erhebliche Bedenken angemeldet. Auch fürchten viele Mediziner eine Abwärtsspirale, die mit der Klinikverkleinerung in Gang käme. "Die Hausärzte werden uns keine Patienten mehr schicken. Und die, die laufen können, werden woanders hingehen", warnte Klinik-Betriebsratsmitglied Peter Hoffmann. Dies prophezeit auch der Bayerische Hausärzteverband.

Die Gemeinden im Süden wollen die Kliniken

Gegen die Harlachinger Kürzungspläne stemmen sich nicht nur die Bezirksausschüsse im Süden. Auch die Gemeinden im Landkreis München wollen die Vollversorgung erhalten. Grünwalds Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU) hat eine finanzielle Beteiligung seiner Gemeinde angeboten. Sein Unterhachinger Kollege Wolfgang Panzer (SPD) sieht jedoch den Landkreis in der Pflicht. Der Münchner CSU-Stadtrat Reinhold Babor artikulierte bereits eine Idee, wie sich dies realisieren ließe: mit einem Zweckverband.

Diese Idee sieht Landrätin Johanna Rumschöttel (SPD) jedoch "sehr skeptisch", wie sie sagt. Einerseits deshalb, weil der Landkreis vor einigen Jahren seine Kliniken in Perlach und Pasing privatisiert hat. "Wir würden durch die Hintertür dann doch wieder ein kommunales Krankenhaus übernehmen." Andererseits hat die Stadt nach ihren Worten noch jedes Angebot für eine Zweckverbandsvereinbarung abgelehnt, wenn es um die Beteiligung an Schulen ging. Rumschöttel sagt, die Stadt solle über eine Privatisierung der Klinik in Harlaching nachdenken, was ihr Parteifreund Ude bislang strikt ablehnt. "Dann wäre die Stadt die Sorgen los und die Versorgung der Bürger ist gesichert."

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