Außenminister Steinmeier in den USA:Reden ja, Abkommen nein

Frank-Walter Steinmeier und John Kerry in Washington

Grundsätzlich will die US-Regierung nicht an der Praxis der amerikanischen Geheimdienste rütteln: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und US-Außenminister John Kerry in Washington

(Foto: Reuters)

Der NSA-Skandal belastet die Beziehung zwischen den USA und Deutschland. Nach einem Gespräch mit seinem US-Kollegen Kerry zeigt sich Bundesaußenminister Steinmeier erfreut über einen geplanten "Cyber-Dialog". Ein offizielles "No-Spy-Abkommen" wird es damit wohl nicht geben.

Von Stefan Braun, Washington

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und sein amerikanischer Kollege John Kerry haben sich nach einem gut einstündigen Treffen in Washington bemüht gezeigt, die Spannungen wegen der massenhaften Ausspähung auch deutscher Regierungsstellen durch den US-Geheimdienst NSA zu lindern. Kerry betonte, sein Land habe großes Interesse daran, das bilaterale Verhältnis zwischen Deutschland und den USA nach den Aufregungen der letzten Monate wieder zu verbessern. Beide Länder seien enge Freunde und kooperierten auf vielen wichtigen Feldern. Entsprechend wichtig sei es ihm, über die Spannungen der letzten Zeit hinwegzukommen. Gerade deshalb schätze er ,,die seriösen und ernsthaften Diskussionen über die richtige Balance zwischen der Sicherheit und der Privatheit unserer Bürger'', sagte Kerry.

Damit griff der amerikanische Außenminister eine Idee Steinmeiers auf. Der deutsche Chefdiplomat war nach Washington gekommen, um einen ,,Cyber-Dialog'' zwischen beiden Ländern ins Leben zu rufen. Steinmeier zeigte sich zufrieden, dass die amerikanische Seite darauf eingehen möchte. Er sagte: ,,Wir sind gemeinsam der Meinung, dass wir das so nicht stehen lassen können.'' Deshalb sei er sehr froh, dass Amerikaner und Deutsche die Debatte über das richtige Maß an Sicherheit und den richtigen Schutz der Privatheit im Rahmen des geplanten ,,Cyber-Dialogs'' nun führen würden. Daran sollten nicht nur die Regierungen, sondern auch die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft beteiligt werden.

Kein No-Spy-Abkommen

Mit dem angestrebten Dialog ist allerdings auch das Eingeständnis verbunden, dass es das in den letzten Wochen stets diskutierte No-Spy-Abkommen zwischen beiden Staaten wohl kaum mehr geben wird. Einst vom damaligen Kanzleramtsminister Ronald Pofalla ins Gespräch gebracht, wird es auch in der jetzigen deutschen Regierung kaum mehr für möglich gehalten. Steinmeier räumte in Washington ein, dass er ohnehin nicht mit der Erwartung gekommen sei, dass Kerry ihm ein unterschriebenes Abkommen in die Hosentasche stecken werde. Damit scheint klar, dass weder die amerikanische noch die deutsche Administration mit einer solchen Zusage der US-Seite rechnet.

Verstärkt wurde dieser Eindruck durch Äußerungen Kerrys, in denen er zwar sein Bedauern über die Spannungen zum Aus-druck brachte, aber zugleich erneut darauf abhob, dass die Gefahr des internationalen Terrorismus nicht kleiner geworden sei. Kerry sagte, auch er habe ein Interesse da-ran, die Privatheit der Bürger zu schützen. ,,Aber ich bin mir auch sehr bewusst, dass wir in einer sehr gefährlichen Welt leben.'' Deshalb hätten alle Menschen ein großes Interesse daran zu wissen, was die Terroristen denken und tun würden.

Zufrieden über die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine

Damit machte Kerry noch einmal klar, dass die US-Regierung an der grundsätzlichen Praxis der amerikanischen Geheimdienste nicht rütteln möchte. Auf die Tatsache, dass auch hohe deutsche Regierungsstellen abgehört wurden und werden, ging Kerry nicht ein. Dem US-Außenminister dürfte nicht verborgen geblieben sein, dass insbesondere deutsche Sicherheitsbehörden zuletzt nicht müde geworden sind zu betonen, wie wichtig die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Diensten bleibe, trotz aller Verwunderung über die amerikanischen Abhörmaßnahmen.

Passend dazu berichtete nun die Tageszeitung Guardian auch noch dass der britische Geheimdienst GCHQ die Privatsphäre von Millionen Nutzern verletzt haben könnte. Ein Programm mit dem Code-Namen "Optic Nerve" habe von 2008 bis 2010 Millionen Standbilder aus den Webcam-Chats des Internet-Konzerns Yahoo gespeichert. Der Geheimdienst habe versucht, die Personen auf den abgefangenen Bildern durch eine automatische Gesichtserkennung zu identifizieren und neue "Ziele" auszumachen.

An diesem Freitag wird Steinmeier in Washington mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, und mit Barack Obamas Sicherheitsberaterin Susan Rice zusammentreffen. Außerdem will der Minister am renommierten Forschungsinstitut Brookings eine Rede zur Zukunft des transatlantischen Bündnisses halten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: