Apps für den Urlaub:Vernetztes Reisen

Reise-App

Kann ich hier übernachten? Wo finde ich das nächste China-Restaurant? Die App zeigt vor Ort auf, was man sich früher aus dem Reiseführer zusammensuchen musste.

(Foto: Getty Images)

Sie wissen nicht nur den Weg zur nächsten Unterkunft, sondern vergleichen gleich noch den Preis, kommentieren das Panorama oder vermitteln einen Zimmernachbarn. Apps und Social-Media-Angebote sind gedruckten Reiseführern überlegen - außer, der Akku ist leer.

Von Franz Güntner

Ziel anpeilen

Warum sollte man sich den Platz für Souvenirs im Koffer mit gedruckten Reiseführern verbauen, wo doch die halbe Reiseliteratur der Welt bereits auf einem kleinen Smartphone Platz hat? Reisetipps anderer Internetnutzer auf Online-Portalen sind eine Alternative zu dicken Büchern, doch die Tipps sind nicht immer besonders fundiert. Wer davon nichts hält, greift unterwegs zu Apps mit professionell recherchierten Inhalten, wie zum Beispiel der App Travel Guides von Marco Polo. Sie bietet interaktive Inhalte wie etwa eine Routen- und Reiseplanung und eine Merkliste von interessanten Punkten. Für Frank Mair, Geschäftsführer im Verlagshaus Mair Dumont, wird in Zukunft die Koexistenz zwischen klassischen Reiseführern und den Online- und App-gestützten Inhalten immer wichtiger, da sich die Apps auch offline nutzen lassen und so keine Roaming-Gebühren anfallen. Einen anderen Ansatz geht die App Tripventure: Sie kombiniert reale Stadtrundgänge mit fiktiven Spielen.

Auch für Naturbegeisterte wird das Angebot zunehmend digital. Der auf Berg- und Wandertouren spezialisierte Verlag Rother hat mit der Rother Touren App ebenfalls ein Smartphone-Programm auf den Markt gebracht, das neben den Informationen eines Tourenführers auch noch eine topografische Karte mit GPS-Unterstützung beinhaltet.

Die neuen Apps nutzen jedoch nichts mehr, wenn es dem Smartphone auf dem Berg zu feucht wird oder der Akku leer ist und man plötzlich ohne Karte im felsigen Gelände steht. Außerdem sind die teuren elektronischen Geräte auch bei Taschendieben beliebt, weshalb es nicht jedermanns Sache ist, im Urlaub damit herumzulaufen.

Sitznachbar wählen

Auto, Flugzeug, Bus und Bahn - die bevorzugten Reisemittel der Deutschen werden sich wahrscheinlich auch in näherer Zukunft nicht ändern. Allerdings verändern sich die Präferenzen der Reisenden. Der Trend heißt Sharing: Man besetzt die leeren Plätze im Auto mit anderen Reisenden, die das gleiche Ziel haben. So spart man Geld und erlebt womöglich eine spannende Zeit mit seinen Mitreisenden. Ganz neu ist das Modell nicht. Mitfahrzentralen gibt es schon seit Jahrzehnten. Neu ist allerdings die Möglichkeit, die Reise nicht nur nach technischen Eckdaten wie Uhrzeit und Automodell zu planen, sondern nach der Persönlichkeit des Fahrers. So wirbt beispielsweise der Anbieter Blablacar damit, dass User ihre persönlichen Vorlieben angeben sollen, zum Beispiel, wie wichtig ihnen bestimmte Musikstile sind oder wie gesprächsbereit sie sich einschätzen.

Noch einen Schritt weiter geht man bei der Fluggesellschaft KLM. Dort hat man das "Social Seating" eingeführt: Für Fernflüge ab und nach Amsterdam bietet die Airline eine sogenannte "Meet & Seat"-Funktion. Hier können Fluggäste ihre Profile auf Facebook, Google+ oder Linked-in mit ihrer Buchung verknüpfen. Andere Reisende sehen dann, wer mit ihnen an Bord ist. Mit "Meet & Seat" können sich die Passagiere zum Beispiel auf einen Kaffee vor dem Flug verabreden, nebeneinander liegende Sitzplätze wählen oder sich am Ziel ein Taxi teilen. Man wolle auf diese Weise den Flug anregender gestalten und den Reisenden die Kontaktaufnahme erleichtern, heißt es bei KLM.

Denkbar ist auch, Social Seating auf Bahn und Bus auszuweiten oder auf Konzerte und Fußballspiele. Die entsprechende Software dafür gibt es bereits.

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Wer mit dem Reiseführer in der einen und dem Stadtplan in der anderen Hand auf Sightseeing-Tour geht, gibt sich schon von Weitem als Tourist zu erkennen. Besser wäre es, den Blick auf das Handy zu senken - so wie es alle anderen auf der Straße auch tun.

Eine zukunftsweisende Technologie hat zum Beispiel die Stadt Kaiserslautern eingeführt: eine "Augmented Reality"-App mit Sehenswürdigkeiten wie dem Rathaus oder dem Japanischen Garten. Augmented Reality (zu Deutsch: erweiterte Realität) wird mithilfe der Smartphone-Kamera und des Bildschirms erzeugt. Sieht ein Nutzer durch die Kamera ein Gebäude, zu dem in der App Daten hinterlegt sind, werden diese auf dem Display angezeigt. Das können sowohl Texte als auch Videos oder Audio-Dateien sein.

Bergfexe kennen diese Technologie schon länger, zum Beispiel von der App Peakfinder: Wer damit auf einem Gipfel steht und die Handy-Kamera in Richtung anderer Berge hält, bekommt auf dem Bildschirm die Umrisse des Panoramas und die Gipfelnamen zu sehen. Die App funktioniert auch ohne Handynetz.

Einen wahren Augmented-Reality-Boom erwarten manche Technikexperten, wenn Google seine Brille "Google Glass" auf den Markt bringt - eine Brille, die über Funk mit dem Handy verbunden ist und ein am oberen Brillenrand eingebautes Display besitzt, auf welches das Handy Daten schicken kann.

Augmented Reality hat das Potenzial, den klassischen Audio-Guide und sogar den Stadtführer zu ersetzen. Doch noch scheitert das daran, dass nicht jeder Tourist ein Smartphone besitzt - und am mangelnden Angebot der Städte. Ob es mehr Spaß macht, einer Datei zu folgen als einem ortskundigen Einheimischen, mit dem man reden kann, sei dahingestellt.

Zimmer teilen

Sharing ist auch ein Thema, wenn es ums Übernachten geht. Über Portale wie Airbnb, Wimdu oder 9flats kann man seine Wohnung oder ein Zimmer an Touristen untervermieten. Für Reisende ist das meist günstiger als ein Hotelzimmer, entsprechend hoch ist die Nachfrage. Allerdings urteilte der Bundesgerichtshof kürzlich, dass bei einer regelmäßigen Untervermietung an Touristen der Vermieter gesondert zustimmen muss. Vor allem in Großstädten wird der Sharing-Trend noch weiter zunehmen - wenn die Stadtverwaltungen keine weiteren Hürden planen. In New York zum Beispiel müssen private Zimmer mindestens 30 Tage gemietet werden - so werden Hotels vor Konkurrenz geschützt.

Doch auch bei Hotelzimmern rückt der Sharing-Gedanke immer stärker in den Fokus. Wieso sollte man ein Doppelzimmer bezahlen, wenn man doch nur alleine reist? Diese Frage stellten sich die Erfinder von easynest.com und eröffneten ein Online-Portal zum Teilen von Hotelzimmern. Auf der Website wählt man den gewünschten Ort und die Aufenthaltsdauer. Dann werden User aufgelistet, die zu dieser Zeit bereits gebucht haben und nach Zimmergenossen suchen. Die Nachfrage hält sich noch in Grenzen - so nahe möchte man anderen Touristen doch nicht unbedingt kommen.

Und wenn doch, wie unterhält man sich dann mit dem Griechisch sprechenden Mit-Übernachter? Dank Smartphone-Apps wie Google Translate oder iTranslate-Voice lassen sich schon jetzt gesprochene Sätze übersetzen. Bis diese Apps fähig sind, einer schnellen Unterhaltung zu folgen, dauert es aber noch eine Weile. Es hakt bislang bei langen Sätzen, bei undeutlicher Aussprache und Dialekten.

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