Geburt:Terminsache Baby

Geboren am 12.12.12: Weil viele Kinder durch einen geplanten Kaiserschnitt auf die Welt kommen, werden extraordinäre Geburtstage inflationär. Ein Kalender der Wunschtermine.

Von Christina Berndt

An einem so schönen Tag wie dem 12.12.12 geboren zu werden, das war im Jahr 1912 ein unwahrscheinliches Glück. Hundert Jahre später hat dieser Geburtstag eher etwas mit guter Planung zu tun. Erstaunlich viele Kinder sind 2012 an einem hübschen Datum zur Welt gekommen, hat der Bremer Biowissenschaftler Alexander Lerchl ausgerechnet. "Auffallend wenige Geburten gab es dagegen an Heiligabend oder am Freitag, dem 13. April", so Lerchl. Er kritisiert die Gründe, die dahinter stehen.

Die moderne Geburtshilfe macht den Geburtstag zur Verhandlungsmasse: Etwa jedes dritte Kind wird heute per Kaiserschnitt geholt. Wenn dieser nicht aus Not geschieht - etwa weil die Geburt nicht vorangeht -, lässt er sich gut in den Terminkalender einpassen. "Gründe für eine geplante Sectio gibt es viele", sagt Uwe Hasbargen, Leiter der Geburtshilfe am Münchner Klinikum Großhadern. Etwa, wenn das Kind in Steißlage liegt, also mit dem Po Richtung Ausgang. Dann dürfen oft die Eltern entscheiden, wann genau das Skalpell an den Bauch angesetzt wird - und die wählen gerne einen Traum-Geburtstag.

Mancher Kaiserschnitt ist besonders gut planbar - weil gar kein medizinischer Grund dafür vorliegt. Das sei jeder siebte, meint Hasbargen; die Weltgesundheitsorganisation sagt dagegen, jeder zweite sei unnötig. Oft wünscht sich dann die Mutter den Schnitt: "Vor allem ältere Akademikerinnen wollen beim Gebären weniger dem Zufall überlassen", sagt Hasbargen. Er respektiert "das Recht auf Selbstbestimmung", betont aber zugleich: "Für das Kind ist die vaginale Geburt besser, wenn keine medizinischen Gründe dagegen sprechen."

Zweifelsohne bedeute eine natürliche Geburt einen Kraftakt für die Mutter: "Der ganze Körper muss Leben geben", sagt Hasbargen. Doch die Anstrengung lohnt - auch für die Frau: Nach einem Kaiserschnitt wird sie nämlich nicht so leicht wieder schwanger. Und falls doch, "kann es wegen der Narben zu gefährlichen Komplikationen kommen", sagt Heribert Kentenich vom Fertility Center in Berlin. Die Schmerzen, die sich die Frauen zu ersparen hoffen, würden oft nur vertagt.

Vor allem den Kindern aber geht es nach einem Kaiserschnitt oft nicht so gut. Sie leiden mehr als doppelt so häufig unter Anpassungsstörungen wie natürlich geborene Babys: Vier bis fünf (statt zwei) Prozent haben Atemprobleme; häufig müssen sie von der Mutter getrennt werden - mitunter gleich nach der Geburt.

Auch um Gehirn und Immunsystem sorgt sich Hasbargen: Erste Daten zeigen ein erhöhtes Risiko für Asthma und Diabetes bei Kaiserschnitt-Kindern. "Und das Gehirn macht in den letzten beiden Schwangerschaftswochen noch eine unglaubliche Entwicklung", sagt der Arzt. In Großhadern werden Kaiserschnitte deshalb frühestens sieben Tage vor den errechneten Termin gelegt. An vielen Privatkliniken holen Ärzte das Kind aber mehr als zwei Wochen zu früh - damit es nicht doch den natürlichen Weg einschlägt. "So", sagt Hasbargen, "nimmt man dem Kind ein Stück Entwicklung im Mutterleib, das ihm einen besseren Start ins Leben ermöglicht."

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