Förderung der Elektromobilität:Per Elektrokurier

Renault Kangoo Z.E.

Renault bietet mit dem Kangoo Z.E. einen Lieferwagen mit Elektroantrieb an.

(Foto: Renault)

Verkehrsminister Dobrindt will Elektromobilität zukünftig fördern - allerdings mit überschaubaren Maßnahmen. Nun will Berlin zeigen, dass sich E-Autos auch ohne finanzielle Anreize durchsetzen können.

Von Daniela Kuhr

Auf den ersten Blick sieht man gar nicht, dass es sich um ein Wohnhaus handelt. Mitten in Berlin, wenige Meter vom Bahnhof Zoo entfernt, steht ein zweigeschossiger Kubus aus rundum verdunkeltem Glas. Der Berliner Senat für Wissenschaft, Technik und Forschung hat die Presse am Donnerstagmorgen in das vom Bundesverkehrsministerium gesponserte Niedrigenergiehaus eingeladen.

Allerdings geht es diesmal nicht um das Haus, sondern um die Autos davor: drei neue Kastenwagen mit grellbunten Aufdrucken: "Ich bin ein Elektrokurier." Mit ihnen startet das jüngste von 29 Modellprojekten in der Region Berlin/Brandenburg.

"Wir wollen bundesweit Vorreiter sein beim Thema Elektromobilität", verkündet der Berliner Wissenschaftsstaatssekretär Guido Beermann anlässlich der Übergabe der Autos stolz. Beim Thema Elektromobilität stünden meist Fragen wie die Anzahl der bundesweit vorhandenen Ladestationen im Vordergrund oder die immer noch verschwindend geringe Zahl von E-Autos, die sich im Besitz von Privatpersonen befinden. Dabei sei das Thema in Wahrheit doch viel größer. "Es geht um die intelligente Vernetzung und Kommunikation von Verkehr und Umwelt", sagt Beermann. 2050 würden Schätzungen zufolge zwei Drittel aller Menschen in Städten leben. Da aber Mobilität ein Grundbedürfnis des Menschen sei und die Ressourcen immer knapper würden, "müssen wir ein Angebot finden, das zugleich effizient und ressourcenschonend ist". E-Mobilität spiele dabei eine ganz entscheidende Rolle, ist Beermann überzeugt.

Dobrindts Elektroauto-Pläne

Auf Bundesebene teilt man diese Einschätzung. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat erst kürzlich angekündigt, ein Elektromobilitätsgesetz auf den Weg zu bringen, in dem beispielsweise ermöglicht wird, dass E-Autos Busspuren benutzen oder auf ausgewiesenen Parkplätzen kostenfrei parken dürfen. Auch eine bundesweit einheitliche Beschilderung der Ladestationen könnte in dem Gesetz geregelt werden. Finanzielle Kaufanreize für E-Fahrzeuge will Dobrindt allerdings nicht gewähren.

Doch auch ohne solche Kaufprämien komme der Markt allmählich in Schwung, stellt Beermann fest. Allein in Berlin/Brandenburg habe sich die Zahl der E-Fahrzeuge im vergangenen Jahr auf 1300 verdoppelt. Die meisten davon gehören zu Flotten von Betrieben oder Institutionen, etwa 400 sind Teil von Carsharing-Angeboten, privat dagegen werden bislang noch kaum E-Autos gekauft. Doch das sei auch nicht entscheidend, sagt Beermann. An seinen Töchtern stelle er fest, wie selbstverständlich es mittlerweile für jüngere Leute sei, "sich mithilfe von Carsharing und öffentlichem Nahverkehr durch die Stadt zu bewegen". Da habe sich bei vielen die Erkenntnis durchgesetzt, dass man überhaupt kein eigenes Auto mehr besitzen müsse.

Wie sieht der ideale Elektro-Lieferwagen aus?

Der Staatssekretär tritt nach draußen, um die drei Kastenwagen offiziell zu übergeben. Sie werden an ein Unternehmen ausgehändigt, das sie in den kommenden Monaten für Kurierfahrten, Paketdienste und sonstige kleinere Auslieferungen vermitteln wird. "Wir erhoffen uns daraus Erkenntnisse darüber, wie das ideale elektrisch angetriebene Lieferfahrzeug der Zukunft aussehen muss", sagt Gernot Lobenberg, Leiter der Agentur Emo, die im Auftrag des Lands Berlin sämtliche öffentlich geförderten Elektromobilitäts-Projekte in der Stadt koordiniert.

Für bestimmte Dienstleistungen, wie beispielsweise spontane Kurierfahrten auf einen Anruf hin, aber auch Paketdienste kleinerer Anbieter, seien die bisher erhältlichen Elektrolieferfahrzeuge viel zu groß. "Das ist alles andere als effizient", sagt Lobenberg. "Mit dem Projekt wollen wir herausfinden, wie sich innerstädtische Zustellprozesse mithilfe kleinerer Fahrzeuge optimieren lassen."

Ein anwesender Kurierfahrer hat bereits erste Ideen: "Die idealen Lieferzeuge müssten individuell anpassbar sein, je nach Bedarf", meint er. Ein Kurier etwa, der am Tag 150 Kilometer zurücklege, benötige eine andere Batterie als einer, der nur 40 Kilometer fahre. "Auch sollte man die Ladefläche je nach Bedarf verlängern oder verkürzen können." Lobenberg hört interessiert zu: "Das zeigt doch schon, welche Chancen dieser Markt für deutsche Unternehmen noch bietet."

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