Reiseveranstalter schließt Snowboarder aus:Als Tourist nicht geeignet

Snowboarder im Skigebiet am Fellhorn bei Oberstdorf.

Snowboarder im Skigebiet am Fellhorn bei Oberstdorf.

(Foto: dpa)

Ein Snowboarder wird aufgrund mangelnden Könnens aus einem Freeride-Camp geworfen, klagt und scheitert vor Gericht. Was, wenn das Urteil Schule macht? Muss ein Mallorca-Urlauber seine Trinkfestigkeit nachweisen? Dürfen Nichtschwimmer noch ans Meer?

Von Stefan Fischer

Die nach außen hin im Scherz gemeinte, im Kern jedoch oft mit tiefsitzender Verachtung vorgebrachte Frage von Arbeitskollegen, ob man sich seinen Urlaub überhaupt verdient habe, ist so alt wie die Idee von Erholungsreisen selbst - also zu datieren in die Zeit der Abschaffung von Sklaverei und Leibeigenschaft.

Die Fahrt in die Ferien ist in unserer Gesellschaft einem Leistungsgedanken unterworfen: Wer viel verdient, dem steht eine Safari in Kenia zu, wer wenig erwirtschaftet, fährt in den Bayerischen Wald. Und die Debatte, ob die Leistungsgesellschaft es hinzunehmen hat, wenn sich von ihrem Geld Hartz IV-Bezieher eine Urlaubsreise gönnen, hat der journalistische Boulevard noch jedes Jahr hetzfreudig aufgeworfen.

Spezielle Arten der Feriengestaltung - tabu?

Neuen Schub bekommt die Denkschule, wonach man sich für eine Urlaubsreise durch Leistung und Eignung qualifizieren muss, durch ein Urteil des Amtsgerichts Münster. Ein Kläger ist mit dem Ansinnen gescheitert, den Preis für eine Reise zu mindern, von der er nach zwei Tagen ausgeschlossen worden war: Sie führte in ein Freeride-Camp, der Teilnehmer war jedoch nicht in der Lage, mit seinem Snowboard Kurven zu fahren. Weshalb sich der Veranstalter nicht in der Lage sah, seinen Sicherheitspflichten dem Kunden gegenüber nachzukommen.

Wenn dieses Urteil Schule macht, verlieren viele Leute den für selbstverständlich genommenen Anspruch auf spezielle Arten der Feriengestaltung. Die für autofreie Fortbewegung untalentierten Amerikaner etwa scheiden dann nahezu komplett aus als Teilnehmer von Radreisen oder auch nur von Stadtrundfahrten per Rad. Muss, wer in Mallorcas Süden möchte oder nach Ibiza, künftig nachweisen, dass er übermäßig trinkfest ist? Anders gefragt: Wird ohne Kostenerstattung heimgeschickt, wer als Pauschaltourist dort mit einer Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,2 Promille erwischt wird? Dürfen Nichtschwimmer noch ans Meer?

Der Tag wird kommen, an dem beträchtliche Teile der Toskana-Fraktion ihre Latifundien verlieren, weil ihre Italianità nicht ausreichend authentisch ist für die Ausstellung eines zu Reisezwecken bis dahin erforderlichen Lifestyle-Visums.

Diese Glosse stammt aus der Rubrik "Ende der Reise", die jeden Donnerstag in der SZ Reise erscheint.

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