DDR in Farbe:Alles so schön rot hier

Siehe da: Es war gar nicht alles grau in der DDR. Die Fotografen Martin Schmidt und Kurt Schwarz haben das Bild vom sozialistischen Alltag geprägt. Eine Ausstellung in Berlin zeigt, wie der Staat seine Bürger mithilfe bunter Bilder erziehen wollte - unter anderem zum Fischverzehr.

Von Ruth Schneeberger, Berlin

6 Bilder

DDR in Farbe

Quelle: Kurt Schwarzer/Stiftung DHM

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Siehe da: Es war gar nicht alles grau in der DDR. Die Fotografen Martin Schmidt und Kurt Schwarz haben das Bild vom sozialistischen Alltag geprägt. Eine Ausstellung in Berlin zeigt, wie der Staat seine Bürger mithilfe bunter Bilder erziehen wollte - unter anderem zum Fischverzehr.

Mmh, lecker: Fischbrot mit Ei. Was auf dem Bild so angestrengt anregend zum Stillleben drapiert wurde, war nicht alles Plaste. Im Gegensatz zur heutigen Food-Fotografie, die Lebensmittel so lange lackiert, besprüht, präpariert oder gleich ganz künstlich herstellt, waren die Lebensmittel, die Kurt Schwarz 1965 in der DDR fotografierte, nach dem Foto-Shooting tatsächlich noch essbar. Kam schon mal vor, dass er ein Huhn seines Auftraggebers mit nach Hause nehmen durfte. Im Gegenzug stellte er selbst gerne mal seine Ehefrau vor die Kamera, die für Rezept-Zeitschriften die eifrig backende Haufrau gab. So war das damals im Osten. Ein Detail ist dann aber doch aus Plastik auf diesem Bild, und zwar der Hummer. Davon gab es bekanntermaßen nicht allzu viele in der DDR, schon gar nicht für den Normalbürger.

Für Kochbücher und Frauenzeitschriften aber sollte trotzdem alles schön und frisch und kostbar aussehen - zumal wenn die Bürger gerade zum vermehrten Fischverzehr aufgerufen werden sollten. Weil die Fleischzufuhr mal wieder begrenzt war. Und Kurt Schwarz lieferte dazu die passenden und für damalige Verhältnisse berückenden Bilder.

DDR in Farbe

Quelle: Kurt Schwarzer/Stiftung DHM

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So auch von einem leidlich luxuriösen Škoda, schön in Szene gesetzt zwischen elegant geschwungenen Treppen, Wasser und Dampfer mit DDR-Fahne, ...

DDR in Farbe

Quelle: Kurt Schwarzer/Stiftung DHM

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... oder von einem Vorzeige-Luxushotel, in dem es sich vergleichsweise vorzüglich gastieren ließ. Dass die meisten DDR-Bürger diese Vorzüge nie in Anspruch nehmen konnten - egal. Kurt Schwarzer war ein Fotograf in sozialistischen Diensten. Mit seiner Hilfe wollte der Staat dem Bürger eintrichtern, wie die sozialistische Revolution auszusehen hatte. Und dem Ausland sollte demonstriert weden, wie hübsch, wie produktiv, motiviert und glücklich die Menschen im Osten waren. Offizielle Auftragsarbeiten eben.

DDR in Farbe

Quelle: Kurt Schwarzer/Stiftung DHM

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So sieht der Besucher Liebespaare, die sich in der sozialistischen Romantik natürlich keine Schlösser und fürstliche Parkanlagen anschauten, sondern per Roller lieber neue Fabrikhallen besichtigten, in ihrer Freizeit, versteht sich. Als Ausdruck des Fleißes, des Stolzes und der Schaffenskraft des Arbeiter-und-Bauern-Staates.

DDR in Farbe

Quelle: Kurt Schwarzer/Stiftung DHM

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Die Sonnenseite der DDR, sie überwiegt also immer noch in vielen Köpfen. Ostalgiker kommen ergo hier auf ihre Kosten. Doch eigentlich will die Ausstellung zeigen: Die DDR hat ihre Bürger versucht zu lenken und zu leiten, zu infiltrieren und zu manipulieren, auch mittels dieser Farbbilder. Denn Farben waren zwar teuer und schwer zu bekommen, doch sie wecken mehr Emotionen als die damals noch übliche Schwarz-Weiß-Fotografie. Und während im Westen die Farbfotografie über die Werbung aufkam, denn Anzeigenkunden leisteten sich diese eher als die Verlage selbst, war es im Osten der Bildjournalismus, der die Farbe ins Spiel brachte. Werbung spielte dort kaum eine Rolle.

Ausstellung 'Farbe für die Republik'

Quelle: dpa

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Und heute? Sind wir ganz gesamtdeutsch an bunte und hochglänzende PR-Bilder aus Magazinen oder dem Netz mehr als gewöhnt - und wundern uns nur noch ein bisschen darüber, dass es das alles so ähnlich in der DDR auch schon gab.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 31. August im Deutschen Historischen Museum, Unter den Linden 2, 10117 Berlin.

© SZ.de/mkoh/leja
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