Abschied von Landrat Kreidl:Reuelos und tränenreich

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Verabschiedet sich aus dem Amt - für immer: Landrat Jakob Kreidl. (Foto: Johannes Simon)

Verwandtenaffäre, Plagiatsaffäre, Sparkassenaffäre: Der Miesbacher Landrat Jakob Kreidl hat sich einen fragwürdigen Ruf erworben. Bei seinem Abschied hebt er dennoch nur seine Verdienste hervor - und bricht in Tränen aus.

Von Heiner Effern

Der Miesbacher Landrat Jakob Kreidl (CSU) verlässt die Politik ohne eine Entschuldigung für seine zahlreichen Affären. In der letzten Kreistagssitzung seines Lebens ließ er seine von der Sparkasse gesponserte Geburtstagsfeier, die abgeschriebene Doktorarbeit, die Verwandtenaffäre im Landtag oder das Missachten von Vorschriften bei seinem Hausbau ohne Erwähnung. Der scheidende Landrat, der von Parteichef Horst Seehofer vor der Kommunalwahl zum Rückzug gezwungen worden war, sprach lediglich von "Turbulenzen in den vergangenen Wochen". Der Abschied bedeute für ihn persönlich eine tiefe Zäsur.

Seit Wochen gibt Kreidl manchen Parteifreunden, aber auch vielen Bürgern Rätsel auf. Schon seine Rückkehr ins Landratsamt Mitte März rief Verwunderung hervor, insbesondere als er begann, Termine wahrzunehmen, als ob nichts gewesen wäre. Viele hatten damit gerechnet, dass Kreidl seine Krankschreibung, mit der er sich während der Affären-Aufarbeitung aus dem Amt zurückgezogen hatte, bis zum Ende der Amtsperiode am 30. April verlängern würde. Doch Kreidl kehrte zurück.

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Es sei für ihn Zeichen einer "ordnungsgemäße Pflichterfüllung" und ihm zugleich "ein ehrliches Bedürfnis", seine politische Karriere im Amt abzuschließen, sagte er im Kreistag. "Wenn ich mir das Ende auch anders vorgestellt hätte."

Während Kreidl sich offiziell verabschiedet, läuft im Rechnungsprüfungsausschuss des Kreistags und bei der Regierung von Oberbayern die Untersuchung seiner Affären. Auch die Staatsanwaltschaft München II sammelt Unterlagen für den Fall einer strafrechtlichen Aufarbeitung.

Einen reuigen oder wenigstens einsichtigen Landrat Kreidl hat keiner von ihnen erlebt. Selbst als er persönlich vor seinen Kreisräten in den Rechnungsprüfungsausschuss zitiert wurde, soll er sich unbeeindruckt gezeigt haben. Zur Aufklärung soll er jedenfalls nichts beigetragen haben. Dafür kamen Jakob Kreidl die Tränen bei der letzten Kreistagssitzung, er wurde mit lang anhaltendem Applaus verabschiedet, nachdem er selbst ausgiebig seine Verdienste gewürdigt hatte.

© SZ vom 03.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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