Amerikas Ex-Präsident malt Zeitgenossen:George W. Bush und wie er die Welt sah

Merkel, Putin, Berlusconi, der Dalai Lama und viele mehr: Der ehemalige US-Präsident George W. Bush hat politische Zeitgenossen gemalt und stellt die Bilder nun öffentlich aus. Was sagen uns die Werke?

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Beginnen wir mit einer Übertreibung. George W. Bush ist vom uncoolsten Menschen dieses Planeten zu einer Hipster-Ikone geworden. Bevor die Kommentarspalte unter diesem Blogeintrag gleich überläuft: Das schrieb jüngst die Zeitschrift Vanity Fair in ihrer Online-Ausgabe.

Wahr daran ist: Der Präsident, der sein Land in zwei Kriege und die internationale Teil-Isolation führte, ist selbst in einigen liberalen Kreisen Amerikas wieder gesellschaftsfähig. Er hält sich aus der Tagespolitik - jenseits klassisch-texanischer Lobbyarbeit für die umstrittene Keystone-Ölpipeline - heraus, sein politisches Erbe verblasst und damit die Erinnerung an seine acht Jahre im Weißen Haus.

Inzwischen geht der 67-Jährige recht friedfertigen Hobbys nach: Er fährt Fahrrad, häufig für einen guten Zweck, und er malt. Letzteres tut er nicht besonders außergewöhnlich, aber auch nicht schlecht. Und hier kommen George W. Bush der US-Präsident und George W. Bush der Privatmensch zusammen: In der Präsidenten-Bibliothek in Dallas zeigt der Ex-Präsident von diesem Wochenende an selbstgemalte Porträts von Staatenlenkern, die er während seiner Amtszeit kennenlernte. Die Gemälde der Ausstellung mit dem Titel "The Art of Leadership: A President's Personal Diplomacy" enstanden seit Herbst 2013 in einer "freundschaftlichen Stimmung", wie der Maler betont.

Der deutsche Blick sucht natürlich zuerst Angela Merkel. Das Verhältnis der beiden war gut, immerhin wusste die Kanzlerin damals noch nichts vom Treiben der NSA. Wir erinnern uns an ein gemeinsames Grillfest und den etwas peinlichen Versuch des "W", der Kanzlerin während des G-8-Gipfels in Sankt Petersburg die Schultern zu massieren. Zumindest auf den Fotos der Ausstellung scheint es so, als würde sich die Wertschätzung auch im Porträt widerspiegeln: Die Kanzlerin wirkt jünger, zugänglich. Weiße Ränder um ihre Augen erscheinen wie Spuren einer Sonnenstudio-Brille. Eine amerikanischere Merkel ist nur schwer vorstellbar.

A portrait of German Chancellor Merkel, painted by former U.S. President  Bush, hangs on display during 'The Art of Leadership: A President's Personal Diplomacy' exhibit at the George W. Bush Presidential Library and Museum in Dallas

Angela Merkel, gemalt von George W. Bush.

(Foto: Brandon Wade/Reuters)

Ganz anders Wladimir Putin. Auf Bushs Gemälde verzieht Russlands Präsident keine Miene, blickt streng und etwas misstrauisch aus dem Rahmen. In einem Exklusiv-Interview, das Bush seiner Tochter (!) Jenna Bush Hager (Korrespondentin der NBC-Morgen Show "Today") gab, ließ der Ex-Präsident die Welt an seinen Erinnerungen mit Putin teilhaben.

A portrait of Russian President Vladimir Putin, painted by former U.S. President George W. Bush, is displayed at 'The Art of Leadership: A President's Personal Diplomacy' exhibit in Dallas

Der kalte Blick des Mannes mit dem Riesenhund: Wladimir Putin, gemalt von George W. Bush.

(Foto: REUTERS)

So erzählte er, wie Russlands Präsident den kleinen Präsidentenhund Barney verspottete ("Du nennst das einen Hund?") und seinem Amtskollegen später seinen mächtigen Labrador Retriever Koni vorstellte, um mit dessen Größe anzugeben. Das sage ja einiges über den Charakter eines Menschen aus, so Bush listig grinsend. Sein politisches Urteil: "Wladimir ist ein Mensch, der in vielen Aspekten Amerika als einen Feind sah. Ich habe natürlich versucht, ihn von dieser Idee abzubringen." Die Welt der Diplomatie ist für den 43. US-Präsidenten weiterhin eine einfache.

Für Hobby-Psychologen dürfte die Ausstellung, in der auch Geschenke der Porträtierten zu sehen sind, neue Dimensionen der Bush-Deutung eröffnen. Was bedeuten die roten Augen im Abbild seines besten Polit-Freundes Tony Blair? Signale für die Sensibilität des geschätzten Verbündeten? Oder sind es Hundeaugen, die auf die Vorwürfe gegen den damaligen britischen Premier abzielen, Bushs Pudel gewesen zu sein? Ist das Wachsgesicht Silvio Berlusconis Botox-Hyperrealismus oder eine Metapher für dessen stets undurchsichtigen Pläne?

Vielleicht sollten wir realistisch sein: Bush ist Bush und er malt jetzt eben. "Ich erwarte, dass ich malen werde, bis ich eines Tages tot umfalle", sagte er im Vater-Tochter-Interview, die Malerei habe seinen Horizont erweitert. "Ich bin kein großer Künstler und die Menschen sollen das auch nicht denken", so der Ex-Präsident.

Angesichts seiner außenpolitischen Fehltritte hätte man dem Mann eine solche Dosis Realismus bereits zu Amtszeiten gewünscht.

Weitere Bilder aus der Ausstellung finden Sie in dieser Fotogalerie:

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: