Kunstaktion gegen Drohnen-Angriffe:Kindergesicht gegen das anonyme Töten

Kunstaktion gegen Drohnen-Angriffe: Gut sichtbar aus der Luft: Mit einem Porträt eines namenlosen Kindes will eine Gruppe von Künstlern und Aktivisten Empathie bei Amerikas Drohnen-Piloten wecken.

Gut sichtbar aus der Luft: Mit einem Porträt eines namenlosen Kindes will eine Gruppe von Künstlern und Aktivisten Empathie bei Amerikas Drohnen-Piloten wecken.

(Foto: AFP)

Spektakulärer Protest: Mit einem gigantischen Kinderporträt wollen Aktivisten in Pakistan amerikanische Drohnen-Piloten daran erinnern, dass sie beim Töten per Knopfdruck jedes Maß verloren haben.

Krieg per Fernsteuerung verschiebt die Perspektiven: "Bug Splats", frei übersetzt die "Blutspritzer getöteter Insekten", nennen amerikanische Drohnenpiloten angeblich das, was von Menschen nach einem ihrer tödlichen Angriffe aus der Luft übrig bleibt. Die Opfer sähen auf dem Videoschirm so klein aus, dass sie in den Augen der Piloten fast mit Insekten zu verwechseln seien, berichtete das Magazin Rolling Stone einmal.

Ein internationales Kollektiv von Aktivisten und Künstlern nimmt diesen Vergleich zum Anlass, die Perspektive wieder zurecht zu rücken: Auf einem Feld nahe einer Lehmhütten-Siedlung in Pakistans nordwestlicher Grenzprovinz Khyber Pakhtunkhwa haben sie ein gigantisches Plakat entrollt, das ein riesiges Kindergesicht zeigt. Menschen sind keine Insekten. Selbst durch die Drohnen-Kamera soll damit den Piloten klar werden, dass sie mit ihren Angriffen Menschen, häufig auch Zivilisten töten.

Die Region im Nordwesten Pakistans ist einer der Haupt-Schauplätze im amerikanischen Drohnenkrieg. Die Zahl der Todesopfer ist umstritten - Experten schätzen, dass in der Amtszeit von US-Präsident Obama 2400 Menschen ums Leben gekommen sind, darunter mindestens 273 Zivilisten. Das abgebildete namenlose Kind hat nach Angaben der an der Plakat-Aktion beteiligten pakistanischen Nichtregierungsorganisation Foundation for Fundamental Rights seine Eltern und seine beiden Geschwister bei Drohnenangriffen verloren.

Weitere Plakate geplant

Drohnenkrieg Opfer Protest Pakistan

Vor zwei Wochen entrollten die Dorfbewohner das Plakat.

(Foto: NotABugSplat, oH)

"Es gibt eine Debatte über den Einsatz von Drohnen, aber sie erhält selten ein menschliches Antlitz", beschreibt der teilnehmende Aktivist Akash Goel Süddeutsche.de den Hintergrund der Aktion. Seit Sonntagnacht steht die Seite #NotABugSplat mit den Fotos online, zuvor hatte die Gruppe aus den USA und Pakistan ein Jahr an dem Projekt gearbeitet.

#NotABugSplat

Pakistanische Kinder neben der Installation.

(Foto: #NotABugSplat, oH)

Unterstützung erhielten sie nach eigenen Angaben durch den französischen Street-Art- und Foto-Künstler JR, der in seinem Inside-Out-Projekt überdimensionale schwarz-weiße Porträtfotos rund um die Welt plakatiert. "Wir haben das Plakat in Pakistan gedruckt, vor 14 Tagen haben es die Dorfbewohner ausgerollt", erzählt Akash Goel, der eigentlich Arzt in New York ist.

Die Reaktion im Dorf sei äußerst positiv gewesen, heißt es - allerdings soll der genaue Ort des Plakats aus Sicherheitsgründen geheim bleiben. Man wolle noch etwa ein Dutzend solcher Installationen anfertigen, sagt Goel.

Am Ende sollen nicht nur Drohnenpiloten die Gesichter sehen können: Auch für Satelliten sind die Anti-Drohnen-Porträts deutlich erkennbar - damit erscheinen die Mahnmale in absehbarer Zeit auch in Online-Karten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: