Urteil des Bundesarbeitsgericht:Wer krank ist, muss keinen Nachtdienst leisten

Ist eine Krankenschwester arbeitsunfähig, nur weil sie nachts nicht arbeiten kann? Ja, argumentierte ein Potsdamer Krankenhaus und entließ die betreffende Mitarbeiterin. Nein, urteilt jetzt das Bundesarbeitsgericht - und stärkt so die Rechte von Schichtarbeitern.

Kann ein Schichtarbeiter aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtdienste leisten, ist er deswegen nicht arbeitsunfähig. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden und damit die Arbeitnehmerrechte erheblich gestärkt. Mit ihrem Urteil (Az. 10 AZR 637/13) schützen die Erfurter Richter Schichtarbeiter vor dem Verlust des Arbeitsplatzes.

Geklagt hatte eine Frau, die seit mehr als 30 Jahren in einem Krankenhaus in Potsdam arbeitet. Ihr Arbeitgeber hatte sie 2012 als arbeitsunfähig eingestuft, weil sie Medikamente nehmen muss, die schläfrig machen. Die Klinik berief sich auf eine Regel im Haustarifvertrag, wonach die Beschäftigten verpflichtet seien, auch nachts Schichtdienst zu leisten. Die Krankenschwester hatte dagegen verlangt, regulär weiterarbeiten zu können, ohne Nachtschichten zu machen.

Wie schon die Vorinstanzen gaben auch die Erfurter Richter der Klägerin Recht. Die Frau sei nicht arbeitsunfähig krank, sondern könne alle Tätigkeiten einer Krankenschwester ausführen. Die Klinik müsse beim Schichtplan deshalb Rücksicht auf die gesundheitlichen Einschränkungen der Mitarbeiterin nehmen. Dies sei angesichts der Größe des Betriebs mit etwa 2000 Beschäftigten zumutbar.

Die Krankenschwester, die zuletzt von Arbeitslosengeld lebte, hat laut Urteil zudem Anspruch auf eine rückwirkende Vergütung. Die Klinik muss ihr etwa 6100 Euro nachzahlen.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi begrüßte den Richterspruch. "Damit müssen die Arbeitgeber die Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beschäftigten wahrnehmen und die Tätigkeit entsprechend ausgestalten", sagte eine Sprecherin. Das Urteil hat nach Angaben einer Sprecherin des Bundesarbeitsgerichts eine "wegweisende Wirkung" für alle Schichtarbeiter und ist nicht allein auf die Krankenpflege beschränkt.

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