Rot-Grün im Münchner Stadtrat:Koalitionsgespräche in der Sackgasse

Die ÖDP erklärt die Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen für gescheitert. Für den neuen OB Dieter Reiter wird es nun eng, ihm bleibt womöglich nur noch eine Option für die Mehrheit im Münchner Rathaus.

Von Dominik Hutter

Die Koalitionsgespräche zwischen SPD, Grünen, Rosa Liste und der ÖDP sind gescheitert. "Wir haben die Verhandlungen abgebrochen", berichtete Münchens SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann am Freitagnachmittag. Knackpunkt war die von der ÖDP geforderte Einstellung der Kohleverstromung im Heizkraftwerk Nord, über die sich die Verhandlungspartner zwar grundsätzlich einig waren. Die ÖDP habe aber eine Abschaltung bis 2020 ohne Wenn und Aber verlangt, bedauerte Pfaffmann. Rot-Grün-Rosa dagegen wollte zunächst per Gutachten geklärt haben, welche Auswirkungen dies auf die Versorgungssicherheit sowie die Strompreise habe und welche Kosten entstünden. Daraufhin, so Grünen-Fraktionschef Florian Roth, habe ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff die Gespräche für gescheitert erklärt.

Wie es nun weitergehen soll, ist völlig offen. SPD und Grüne wollen am Montag die Situation in diversen Parteigremien besprechen. Die Lage ist vertrackt: Ohne Koalitionspartner haben SPD, Grüne und Rosa Liste keine Mehrheit - sie kommen, die Stimme des künftigen Oberbürgermeisters Dieter Reiter (SPD) mitberücksichtigt, nur auf 39 von 80 Stimmen.

Die Gespräche mit den Linken wurden wegen des Kommunisten Çetin Oraner abgebrochen, die Wählergruppe Hut und die Piraten haben sich mit der FDP verbündet und sind damit vorerst aus dem Rennen. Da SPD und Grüne Verhandlungen mit der AfD und dem Rechtsradikalen Karl Richter ausgeschlossen haben und die Bürgerliche Mitte sich als Oppositionsbündnis versteht, bliebe eigentlich nur noch die CSU.

Die Konservativen stellen neuerdings die größte Fraktion im Rathaus, sind aber wegen der bereits am Wahlabend erfolgten Verbrüderung zwischen SPD und Grünen verärgert. Allerdings will sich CSU-Fraktionschef Josef Schmid Gesprächen nicht verweigern. "Wir werden jeden Tag attraktiver", hatte Schmid am Mittwoch gescherzt. Und wohl gemeint: Der Preis für eine Zusammenarbeit wird immer höher. Theoretisch denkbar sind auch eine Minderheitsregierung oder der Versuch, Piraten und Hut doch noch aus dem Bündnis mit den Liberalen herauszulösen.

Dabei waren die Gespräche mit der ÖDP tagelang sehr vielversprechend verlaufen. Bei zahlreichen Themen, dem Verkehr etwa, habe man gute Kompromisse erzielt, berichten Pfaffmann und Roth. Eine Stilllegung des von den Stadtwerken betriebenen Kohleblocks ohne jede gutachterliche Absicherung habe man aber nicht verantworten können. Ohnehin koste eine Umstellung nach ersten Schätzungen etwa 100 Millionen Euro pro Jahr.

"Die ÖDP muss nun ihrer Wählerschaft erklären, warum sie die Chance auf eine Abschaltung des Kohleblocks nicht wahrgenommen hat", sagte Pfaffmann. Je nach Verlauf der weiteren Koalitionsverhandlungen könne dieser Schritt nun möglicherweise sehr viel später erfolgen. Ruff war am Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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