Restaurant "Grill & Grace":Wenn der Gast Chefkoch ist

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Ist es schon durch? Im "Grill & Grace" ist jeder selbst für sein Steak verantwortlich. (Foto: Robert Haas)

Im Restaurant "Grill & Grace" im Westend versammeln sich Fleischfreunde um eine zentrale Feuerstelle - und grillen selbst. Das ist nicht nur für Firmenkunden interessant, sondern auch für Singles.

Von Thierry Backes

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Das rohe Fleisch kommt in einem Pappkarton, garniert nur mit einem Rosmarinzweig. Die Zange legt die Bedienung obendrauf, und wenn sie einen dann auffordert, aufzustehen und zum Gill mitzukommen, dann wirkt das im ersten Moment etwas kurios: Da zahlt man 26 Euro für 200 Gramm Rinderfilet - und muss auch noch selbst grillen? Genau so ist es. "Wenn jemand sagt, dass er sich nicht selbst an den Grill stellen will, dann muss ich ihn leider enttäuschen", sagt Wolfgang Engwicht, Inhaber des Grill & Grace im Westend. "Aber ich empfehle ihm dann ein anderes hervorragendes Steakhouse."

Das Goldene Kalb in der Innenstadt zum Beispiel, das KVR in Schwabing oder das Theresa in der Maxvorstadt. Das sind die Restaurants, an denen Engwicht sich messen will, zumindest, wenn es um die Qualität des Fleisches geht. Sein Konzept aber ist ein anderes. Der gelernte Betriebswirt hat es sich abgeschaut bei einem Steakhouse in Kalifornien, das er bei einem Urlaub entdeckt hat. Zwei Jahre hat er sich danach auf den Start seines ersten eigenen Lokals im November 2013 vorbereitet, er hat etwa nach ähnlichen Konzepten gesucht und hierzulande keines gefunden. Deshalb nennt er sich jetzt Chef des ersten Steakhouses in Deutschland, in dem der Gast selbst der Chefkoch ist.

Oder besser: der Grillmeister.

Im "Grill & Grace" ist nämlich jeder selbst für sein Fleisch verantwortlich. Er sucht sich ein Steak von der Karte aus, etwa das 28 Tage lang gereifte "Dry-Aged Rib-Eye-Steak" (300 Gramm für 35 Euro) oder das 500 Gramm schwere T-Bone-Steak für 29 Euro, schreitet damit zum Lavasteingrill in der Mitte des Lokals, notiert sich die empfohlene Grillzeit und legt das Fleisch auf den mehr als 300 Grad heißen Rost. Unter Anleitung, versteht sich, und ausgestattet mit einer Stoppuhr.

Viel falsch machen kann der Gast nicht

"Viele sagen am Ende, dass sie das Fleisch hier besser hinbekommen haben als zu Hause", sagt Engwicht. Viel falsch machen kann der Gast indes nicht, die Bedienungen stehen mit Tipps bereit, wenn es nicht grillt, wie es soll, und raten etwa, das Fleisch erst dann zu wenden, wenn es nicht mehr festklebt. Trotzdem kommt es vor, dass sich jemand ein zweites Mal an den Grill stellt, weil er sein Steak bei genauer Betrachtung doch lieber "medium" essen will und nicht "medium rare". Ab und an zieht es Gäste aber auch aus einem anderen Grund noch einmal an die Feuerstelle, zum Flirt etwa.

Der "kommunikative Aspekt" sei durchaus Teil seines Konzepts, sagt Engwicht - und grinst: "Wir können das ein wenig steuern." Was er damit meint? Wenn in der einen Ecke etwa vier gut gelaunte Single-Frauen sitzen, kann der Chef seine Bedienungen anweisen, den beiden Single-Herren in der anderen Ecke das Fleisch gleichzeitig zu bringen - vielleicht kommen die Gäste ja ins Gespräch am Grill?

Die Chefs: Wolfgang Engwicht (l.) und Michael Berner. (Foto: Robert Haas)

So kann der Restaurantbesuch zu einem besonderen Erlebnis werden, und genau darum geht es im "Grill & Grace". Es zählt zu jenen jungen Restaurants in München, die den Gästen mehr zu bieten versuchen als ausgezeichnete Speisen. Das ist natürlich ein Wagnis in dieser Do-it-yourself-Form, ein Versuch, der durchaus scheitern kann, dessen ist sich Engwicht bewusst. Er muss sich etwa mit Fragen befassen wie dieser: Finden sich genug Menschen, die im Sommer in einem Restaurant grillen wollen statt am Flaucher oder sonstwo auf einer grünen Wiese?

Engwicht versucht deshalb, sich möglichst breit aufzustellen. Man erkennt das schon an den Tischen, die in seinem Lokal stehen, das von einer breiten Fensterfront, weißen Fliesen und Industrielampen dominiert wird. Es gibt romantische Zweiertische und bequeme Vierer-Sitzecken, aber auch zwei Tafeln aus Weißeiche für 14 Menschen oder mehr. In anderen Worten: für Firmen, die ihren Mitarbeitern hier ein besonderes Erlebnis bieten wollen.

Wer den Event-Charakter nun aber zu sehr betont, verkennt, dass es im "Grill & Grace" an erster Stelle um vorzügliches Fleisch geht, das aus Deutschland, den USA oder Argentinien stammt. "Wichtig ist, dass es schon in der Verpackung ansehnlich ist", sagt Wolfgang Engwicht. Das gilt auch für das für das sogenannte Flank Steak aus dem Bauch (350 Gramm für 23 Euro), das in Deutschland nur selten auf den Tisch kommt, weil es "zwar wesentlich saftiger ist als andere Teile, aber eben auch stärker marmoriert", wie Betriebsleiter Michael Berner erklärt.

Er hat in der gehobenen Gastronomie gelernt, etwa im Hotel Vier Jahreszeiten, und sieht nun eine Möglichkeit, sich im "Grill & Grace" selbst zu verwirklichen. Das weniger mit den Beilagen (für je 3,50 Euro) als mit fünf hausgemachten Saucen, von denen es zwei zum Fleisch dazugibt, etwa eine Barbecue-Sauce oder eine besonders pfeffrige Pfeffersauce. Salzen muss der Gast freilich selbst.

© SZ vom 30.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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