Konzernumbau:Auftragsflaute beschert Siemens schlechte Zahlen

Umbau in schwierigen Zeiten: Siemens' Aufträge brechen weg und eine Starkstromleitung in Kanada wird zum Problem. Konzernchef Joe Kaeser organisiert das Unternehmen im großen Stil um. Die wichtigsten Veränderungen.

Von Caspar Busse

Joe Kaeser hat am Dienstag in Berlin deutliche Worte gefunden: "Das zweite Quartal hat gezeigt, dass wir noch viel zu tun haben." Der Siemens-Chef kann mit den neuen Geschäftszahlen wahrlich nicht zufrieden sein. Der Umsatz stagniert. Vor allem schrumpfte der Auftragseingang überraschend stark um 13 Prozent. Besonders bitter: Der Rivale GE, mit dem Siemens zurzeit um das französische Unternehmen Alstom ringt, freute sich zuletzt über kräftig wachsende Bestellungen.

Dazu kommen neue, unerwartete Probleme: In Kanada verzögerte sich wegen technischer Probleme der Bau einer Starkstromleitung. Dort trat der Konzern als Generalunternehmer für den Bau einer Hochspannungsleitung auf und muss für Verzögerungen seiner Partner im Tiefbau geradestehen. Allein das kostet Siemens unerwartet 310 Millionen Euro. Der Konzern hat bereits beim Anschluss von Anlagen in der Nordsee und bei seinen Hochgeschwindigkeitszügen ungeplant Hunderte Millionen Euro Lehrgeld bezahlt.

Am Dienstag gab Joe Kaeser auch einen grundlegenden Umbau des Unternehmens bekannt. Dieser sei nun umso drängender, sagte er. Die wichtigsten Veränderungen:

  • Die vier Großsektoren, die Kaesers Vorgänger Peter Löscher erst vor wenigen Jahren eingeführt hatte, werden abgeschafft und durch neun Divisionen ersetzt. Eine ganze Management-Ebene fällt dadurch weg.
  • Der sehr profitable Bereich Medizintechnik wird abgespalten und eigenständig weitergeführt. Das wird als Vorbereitung einer Trennung oder der Beteiligung eines anderen Unternehmens interpretiert.
  • Die Energiesparte, der mit Abstand größte Bereich, wird künftig aus den USA geführt - von der bisherigen Shell-Managerin Lisa Davis. Damit will Siemens stärker von der Öl- und Gasrenaissance in Nordamerika profitieren, die durch die Ausbeutung der Vorräte in Ölschiefer und Ölsanden ausgelöst wurde. Der bisherige Energie-Vorstand Michael Süß scheidet mit sofortiger Wirkung aus, soll Kaeser aber noch in der Alstom-Übernahme beraten.
  • Das Geschäft mit Hörgeräten, die Audiologie, will Siemens demnächst an die Börse bringen, ein Verkauf dieses Geschäftes war zuletzt gescheitert.
  • Im Vorstand wird Veteran Siegfried Russwurm Personal- und Technologiechef, sein Kollege Klaus Helmrich kümmert sich um die Industriesparten, Roland Busch um Gebäude- und Zugtechnik.
  • Der angekündigte Aktienrückkauf im Wert von bis zu vier Milliarden Euro soll demnächst beginnen. Kaeser hatte ihn bisher aufgeschoben, weil Siemens' neue Strategieziele noch ausstanden.
  • Siemens kauft für eine Milliarde Euro das Gasturbinengeschäft von Rolls-Royce. Mit dem japanischen Konzern Mitsubishi Heavy Industries (MHI) wird ein Gemeinschaftsunternehmen für die Metallindustrie gebildet.
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