BMW M3 und M4 im Test:Aufregend, aber nicht gelassen

Der BMW M4 und M3 auf der Rennstrecke

Der neue BMW M3 und M4. Der M3 war traditionell immer ein Coupé mit zwei Türen. Jetzt nennt BMW nur noch die viertürige Version so. Das sportlichere Coupé firmiert jetzt unter M4 (rechts im Bild).

(Foto: www.tomkirkpatrick.de/www.danielkraus.de)

Überlegene Bremsen, überirdischer Kurvengriff, die wohl klassenbeste Kombination aus Leistung, Kraftübertragung und CO2-Ausstoß: Beim BMW M3 und M4 gibt es viel Licht und wenig Schatten. Trotzdem könnte man noch ein paar Dinge besser machen.

Von Georg Kacher

Der neue Mercedes C63 AMG setzt auf Downsizing und Aufladung, bleibt aber dem V8 treu. Der nächste Audi RS4 wechselt vom V8-Sauger zum doppelt aufgeladenen V6. Und was macht BMW? Nach einem kurzen V8-Zwischenspiel feiert der Reihensechszylinder im M3 und im M4 Coupé ein Comeback - und zwar in der Kombination aus Hochdrehzahlmotor und Turbo. Das klingt nach Eier legender Wollmilchsau: 40 Prozent mehr Drehmoment, cremig aufgestrichen von 1800 bis 5390 Touren, 25 Prozent weniger Verbrauch, noch bessere Fahrleistungen. Wer könnte da dem durstigen 4,0-Liter-Sauger eine Träne nachweinen?

Wir zum Beispiel. Weil uns der V8 über eine enorm breite Drehzahlspanne fast 85 Prozent des maximalen Drehmoments unter den Gasfuß gelegt hat, weil er in Sachen Ansprechverhalten und Drehfreude nach wie vor das Maß der Dinge ist, und weil er soundmäßig einfach noch besser drauf war. Den M4-Motor muss man dagegen in Schwung halten, damit er klingt. Und damit das Spaß-Feuerwerk zündet, denn unterhalb von 4000/min sind die sechszylindrigen M-Modelle zwar mittendrin, aber nicht ganz vorn dabei.

Mit 72 200 Euro kostet der Vierer rund 3500 Euro mehr als der alte M3. Der neue M3 hat vier Türen und steht mit 71 500 Euro in der Liste. Unser M4-Testwagen war 101 570 Euro teuer. Im Preis enthalten: Siebengang-DKG, 19-Zoll-Räder, LED-Scheinwerfer, adaptives M-Fahrwerk, Karbon-Keramik-Bremsen. Das Doppelkupplungsgetriebe ergibt Sinn, aber der Schalter macht mehr Spaß, obwohl der rechte Fuß die automatische Zwischengasfunktion lieber selbst übernehmen würde.

Die 19-Zöller sehen toll aus, schmälern jedoch den Abrollkomfort. Die adaptiven Dämpfer sind im Grunde nur zweistufig (Komfort oder Sport), denn die super-straffe Sport Plus-Kennung sollte der Rennpiste vorbehalten bleiben. Richtig warmgefahren, verzögern die Bremsscheiben aus Verbundmaterial im Zeitraffer und ganz ohne Fading. Wir haben es zwar noch nicht ausprobiert, doch auch mit der serienmäßigen Kombination aus 18-Zoll-Rädern, Standardfahrwerk und Stahlbremse liegt man wohl richtig.

Der BMW M3 auf der Rennstrecke

Die 19-Zoll-Felgen des BMW M3 sind hübsch anzusehen - schmälern aber den Abrollkomfort.

(Foto: www.tomkirkpatrick.de/www.danielkraus.de)

All das ohne bewegliche Spoiler

BMW hat es beim M4 geschafft, die Gewichtsspirale umzudrehen und das neue Modell 80 Kilo leichter zu machen. Als Mittel zum Zweck dienen Anbauteile aus Alu und Kunststoff, ein Dach aus Kohlefaser, Fahrwerkselemente aus Leichtmetall, eine Gelenkwelle aus CFK und ein um zwölf Kilo schlankeres Schaltgetriebe. Ebenfalls erwähnenswert sind der etwas niedrigere Schwerpunkt und die noch ausgeglichenere Achslastverteilung. Im Rahmen des aerodynamischen Feintunings wurde der Luftwiderstand reduziert, die Um- und Durchströmung verbessert und der Abtrieb erhöht - all das ohne bewegliche Spoiler.

Das Design trifft zielgenau die goldene Mitte zwischen dezent und prollig. Neue Farbwelten bilden einen spannenden Kontrast zum üblichen grau-schwarz-silber, im Innenraum kaschieren gegen Aufpreis wertige Leder- und Karbon-Applikationen die übliche Dreier-Tristesse. M-spezifische Details wie das Multifunktionslenkrad und die Sportsitze mit verstellbarer Lehnenbreite (aber zu kurzer Oberschenkelauflage) runden das Bild ab. BMW verzichtet in M3/M4 auf den Fahrerlebnisschalter. Stattdessen hat man rund um den Wählhebel Direktwahltasten für die dreistufige Kennung von DSC, Fahrwerk, Motor/Getriebe, Lenkung und Schaltgeschwindigkeit arrangiert. Dazu kommen zwei frei programmierbare M-Tasten im Lenkrad. Leider lassen sich die Dämpfer nicht separat entkoppeln, sind die Fahrdynamikfunktionen nicht in einem Bedienelement zusammengefasst, muss man nach Zusatzfunktionen wie Launch Control oder dem grenzwertigen Burnout-Modus in Untermenüs suchen.

Viel Licht, wenig Schatten

Der viertürige M3 ist naturgemäß geräumiger und praktischer, aber dafür wirkt der M4 gefühlt noch eine Spur sportlicher. Trotzdem - so eindeutig wie es die Datenblätter suggieren ist er nicht, der Vorsprung gegenüber dem alten M3. Auf der Habenseite notieren wir die fast spielfreie Anbindung des Fahrwerks an die extrem steife Karosserie, das spontane Einlenkverhalten in Verbindung mit einem fast schon überirdischen Kurvengriff an der Vorderachse, die überlegene Bremse, die wohl klassenbeste Kombination aus PS, Nm und g/km CO₂ - viel Licht, wenig Schatten. Trotzdem könnte man ein paar Dinge noch besser machen.

Dem Motor fehlt es untenrum an Pep, Biss und Musik. Die Lenkung ist progressiv und linear, aber in keiner Kalibrierung ein Großmeister der Rückmeldung. Das Fahrwerk mag Rennstrecken, 1a-Landstraßen und frisch geteerte Autobahnen, doch auf den kurvigen Dritte-Welt-Pisten im Hinterland von Faro und auf den portugiesischen Autobahnen hätten wir uns etwas mehr Geschmeidigkeit erhofft. Weil sich die langhubigen Aufbaubewegungen, die seitlichen Störimpulse und der Drehmomentkick in Längsrichtung unter diesen Bedingungen immer wieder zu einem Kräfteparallelogramm mit beschränkter Haftung formieren, regelt das DSC vergleichsweise früh und heftig. Aufregend, aber nicht gelassen.

Der BMW M4 auf der Rennstrecke

BMW M3 und M4 können viel, aber die Faszination fehlt.

(Foto: www.tomkirkpatrick.de/www.danielkraus.de)

Keine Frage: Die neuen Volumenmodelle der M GmbH sind richtig schnell, erstaunlich sparsam und rundum kompetent. Sie können längst mehr als die meisten Fahrer. Keine Frage: BMW wollte sich wieder einmal selbst übertreffen und die Grenzbereich-Latte ein Loch höher hängen. Vielleicht sollte man als Steigerungsform des M4 einen Nachfolger der legendären Sport Evo oder CSL-Serien wählen - entfeinert und entsprechend leichter, rundum puristischer und gleichzeitig geschmeidiger und zugänglicher - in Summe also einen Tick faszinierender.

BMW M3 Limousine/M4 Coupé, 6-Zylinder, 3,0-Liter (mit DSG): 317 kW, 431 PS; max. Drehmoment: 550 Nm bei 1850-5500/min; Leergewicht: 1520/1497 kg (1560/1537 kg); Kofferraum: 480/445 l; 0-100 km/h: 4,3 s (4,1 s); Vmax: 250 km/h; Verbrauch lt. Werk: 8,8 l (8,3 l); CO₂: 204 g/km (194 g/km); Euro 6; Grundpreis: 71 500/72 200 Euro (75 400/76 100 Euro).

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