Laufen:Zehenschuhe, der umstrittene Fitness-Hype

Vibram To Refund Customers For FiveFinger Shoes After Class Action Lawsuit

Barfußschuhe der Firma Vibram

(Foto: AFP)

Sind Zehenschuhe die gesündesten Laufschuhe? In den USA kam diese Frage jetzt vor Gericht - und endete mit einer Schlappe für einen Hersteller. Ob gute Laufschuhe den Fuß stützen oder kaum spürbar sein sollten, ist unklar.

Laufschuhe wurden in den vergangenen Jahren mal mit dämpfenden, mal mit harten Eigenschaften ausgestattet, das Fersenteil erhöht und wieder gesenkt, allerlei Stützen ein - und wieder ausgebaut. Dann war es plötzlich Trend, ganz auf Schuhe zu verzichten. Doch wer glaubte, damit den immer neuen Sportschuhmoden entkommen zu können, irrte. Hersteller schafften es, den Widerspruch in sich zu lösen und Barfußschuhe auf den Markt zu bringen. Sie sind quasi Socken mit verstärkter Sohle und Ausstülpungen für jeden Zeh und werden auch Zehenschuhe genannt.

Trotz ihres stolzen Preises von 80 bis 125 Dollar fanden die Schuhe vor allem in den USA ihre Abnehmer - wahrscheinlich auch, weil sie mit angeblichen wissenschaftlichen Beweisen warben, wonach die Schuhe den Fuß stärken und das Verletzungsrisiko reduzieren sollten. Auch in Deutschland werden die Schuhe zu ähnlichen Preisen und mit ähnlichen Versprechen verkauft.

Doch zumindest in den USA scheint nun Schluss mit der pauschalen Behauptung, die Schuhe seien ein Gesundheitssegen. Eine Amerikanerin hatte die Firma Vibram wegen unwahrer Werbeaussagen verklagt. Nun - so berichten es zahlreiche Medien - scheint die Firma eingelenkt zu haben und verspricht unzufriedenen Kunden eine Entschädigung in Höhe 20 bis 50 Dollar. Doch die Frage, wie gesund oder schädlich die Fünf-Zehen-Schuhe nun sind, ist damit noch nicht geklärt.

Theoretisch hat das Barfußlaufen Vorteile, wie Harvard-Wissenschaftler schon vor drei Jahren im renommierten Fachjournal Nature schrieben. Barfuß treffen die Füße eher mit dem Ballen oder Mittelfuß auf dem Boden auf. Das federt den Aufprall stärker ab und schont die Sprunggelenke. Schuhläufer treten dagegen meist zuerst mit der Ferse auf. Der Stoß erreicht Sprunggelenk und Knie mit größerer Kraft.

Doch in der Praxis fehlt der klare Nachweis. Die jüngste Übersichtsstudie, die den aktuellen Stand der Forschungen zusammenfasst, kommt zu dem Schluss, dass das Barfußlaufen zumindest nicht schlechter und vielleicht sogar besser sei als das Rennen in herkömmlichen Laufschuhen. Doch haben die minimalistischen Schuhe das gleiche Ergebnis wie unbekleidete Füße? Schließlich könnte beim Barfußlaufen auch die bessere Wahrnehmung des Untergrundes einen Einfluss auf das Verletzungsrisiko haben, der bei den besohlten Socken schwächer ausgeprägt ist. Eine Übersichtsarbeit zu den Schuhen klingt ähnlich unentschlossen wie die zu den nackten Füßen: Das Laufen mit den Spezialschuhen könne möglicherweise Verletzungen reduzieren, für einen Beweis aber brauche es mehr Forschung.

Die unklaren Studienergebnisse könnten auch damit zusammenhängen, dass die Effekte des Barfußlaufens von verschiedenen Faktoren abhängen. Amerikanische Fachleute nannten vor kurzem vor allem vorangegangene und akute Verletzungen, den Untergrund, das Alter und die Lauferfahrung als wichtige Größen. Wer mit dieser Laufform liebäugelt, sollte sich daher nicht von einem Hype verleiten lassen, sondern langsam ausprobieren, ob ihm diese Art des Laufens gut tut.

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