Sanierung der Zentrale:IHK droht ein Millionendebakel

Sanierung der IHK Zentrale in München, 2013

Die IHK-Zentrale an der Max-Joseph-Straße muss saniert werden.

(Foto: Stephan Rumpf)

Streit um Geld und Zeit: Für die Sanierung ihres historischen Stammhauses hat die Industrie- und Handelskammer einen neuen Planer bestellt. Prompt zeigt sich: Das Vorhaben wird wesentlich länger dauern - und wohl deutlich mehr kosten.

Von Katja Riedel

Die Sanierung des historischen Hauptgebäudes der Industrie- und Handelskammer (IHK) München und Oberbayern verzögert sich weiter und wird wohl auch deutlich teurer. Bisher wurden die Kosten auf 72,9 Millionen Euro geschätzt. Kurz vor Ostern hat die Wirtschaftsorganisation einen neuen Generalplaner bestellt, nachdem sie sich im Oktober von ihrem bisherigen Planer, einem renommierten Münchner Büro, getrennt hatte. Der neue Planer, das Büro Anderhalten Architekten aus Berlin, soll nun bis spätestens Dezember einen neuen Zeit- und Kostenplan zur Sanierung der beiden Jahrhundertwende-Häuser an der Max-Joseph-Straße vorlegen. Zuvor müssen sich die Planer durch ganze Aktenberge voller Gutachten kämpfen - zu Problemen mit Untergrund und Statik sowie Brandschutz.

Ursprünglich sollte die Zentrale bereits 2015 wieder bezogen werden; durch den Planerwechsel und vorangegangene Unstimmigkeiten ist dieser Termin in weite Ferne gerückt. Seit 2011 hat die IHK Räume in einem Bürogebäude an der Balanstraße angemietet: für monatlich 200 000 Euro, bis 2017 rechnet man mit Mietkosten von gut neun Millionen. Mitte 2018 wird die Miete teurer und nach SZ-Informationen 360 000 Euro im Monat kosten. Die Miete für das Ausweichquartier sind in die kalkulierten Kosten von 72,9 Millionen Euro noch gar nicht eingerechnet.

105 Millionen Euro liegen bereit

Innerhalb der Kammer brodelt es seit Monaten, es mehren sich Stimmen, die den Sinn der teuren Sanierung des Hauses stark anzweifeln. Auch das Zerwürfnis mit dem ehemaligen Generalplaner war offenbar entstanden, weil der Bauausschuss der IHK wichtige und teure Entscheidungen immer wieder nicht treffen wollte. Da für den Bau währenddessen weiter Kosten aufliefen, streitet sich die IHK seit Herbst mit dem Planer, wer diese tragen muss. Noch gibt es keine Einigung, zum Stand der Gespräche will sich die IHK nicht äußern.

Nachdem deren Führungsspitze immer wieder betont hatte, dass die Sanierung in jedem Fall aus den Rücklagen gestemmt und die einkalkulierten Kosten keinesfalls überschritten würden, sind inzwischen vorsichtigere Töne zu hören. Etwa in einer E-Mail, die IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Driessen kurz vor Ostern an alle Mitarbeiter verschickte: Gemeinsam mit Präsident Eberhard Sasse hoffe er, "dass unser Projekt jetzt wieder Fahrt aufnimmt". Eine "Aktualisierung des Zeitplans und der Kostenberechnung" könne erst erfolgen, wenn sich das Büro Anderhalten Architekten umfassend eingearbeitet, die Pläne bewertet, ergänzt und korrigiert habe.

Insider hatten bereits im Herbst von mindestens 100 Millionen Euro an Sanierungskosten gesprochen, was die IHK bislang bestritten hat. Dass diese aus den eigens geschaffenen Rücklagen beglichen werden, hat die IHK-Vollversammlung beschlossen, die 382 000 Mitglieder vertritt. In der Kammer sind alle oberbayerischen Betriebe, mit Ausnahme des Handwerks, zwangsweise Mitglied.

Die Mitglieder müssen zahlen

Ob die Rücklagen nun ausreichen werden, wollte ein IHK-Sprecher nicht einschätzen. Dies werde sich erst nach der Neuberechnung sagen lassen. In den Jahren 2006 bis 2012 hat die IHK 105 Millionen Euro zurückgelegt. Damals nahm sie jeweils deutlich mehr ein, als sie im Jahr zuvor kalkuliert hatte: 2007 sollten das zum Beispiel zwei Millionen Euro sein, am Ende wurden 19 Millionen eingenommen - finanziert von den Beiträgen der Pflichtmitglieder. In den folgenden Jahren zeigte sich ein ähnliches Bild. Offiziell begründete die IHK ihre Mehreinnahmen mit der guten wirtschaftlichen Entwicklung in München und Oberbayern; zudem seien die Ausgaben unerwartet niedrig gewesen. Kai Boeddinghaus vom Bundesverband der Freien Kammern sieht darin einen "eklatanten Rechtsverstoß". Schließlich stehe im IHK-Gesetz, dass die Kammern den Grundsätzen "einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung" unterlägen. "Selbst wenn eine Sanierung des Kammergebäudes für 100 Millionen Euro sinnvoll wäre, dann ist der Plan, diesen Betrag in nur sechs Jahren von den Mitgliedern einzusammeln, eine Unverschämtheit."

Unter den Mitgliedern der IHK sehen das nicht wenige genauso. Denn sollten die Kosten aus dem Ruder laufen, würden sie erneut zur Kasse gebeten. Zudem stehen in weiteren Gebäuden der IHK Sanierungen für mehr als 22 Millionen Euro an. Ein Mitglied klagt vor diesem Hintergrund derzeit gegen die Höhe seines Pflichtbeitrags. Boeddinghaus' Verband unterstützt diesen und ähnliche Prozesse in ganz Deutschland. Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Pflichtmitgliedschaft ins Visier genommen. Bis zum Donnerstag sollen dazu mehr als 30 Institutionen Stellung nehmen - bis hinauf zum Bundeskanzleramt.

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