Schadstoffe in der Münchner Innenstadt:Für Autofahrer wird es eng

Schadstoffe in der Münchner Innenstadt: Ein tägliches Bild: Der Stau auf der Landsberger Straße in München.

Ein tägliches Bild: Der Stau auf der Landsberger Straße in München.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Entscheidung klingt fortschrittlich, aber sie ist erzwungen: In München wird über höhere Parkgebühren, Tempo 30 und eine City-Maut nachgedacht. Ein Gericht zwingt die Stadt dazu, denn die Luft muss sauberer werden. Doch Widerstand formiert sich bereits.

Von Marco Völklein

City-Maut? Höhere Gebühren in den Parkwapperlzonen? Und möglicherweise Tempo 30 auch auf Hauptverkehrsstraßen? Umweltreferent Joachim Lorenz (Grüne) will einen zweiten Anlauf nehmen, um mit härteren Maßnahmen gegen den Autoverkehr für saubere Luft in der Stadt zu sorgen. Bei Gesprächen mit dem bayerischen Umweltministerium und der Regierung von Oberbayern habe man vereinbart, sämtliche Luftreinhaltemaßnahmen, die aus dem letzten Anordnungskatalog rausgeflogen sind, erneut "zu überprüfen und einer genauen Evaluierung zu unterziehen", sagt Lorenz. An diesem Mittwoch will er den Stadtrat informieren.

Hintergrund ist ein Urteil vom Oktober 2012, das die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erstritten hat. Damals hatte das Verwaltungsgericht den Freistaat und die Stadt zu einem härteren Vorgehen gegen die Luftverschmutzung verdonnert. Der Freistaat war zunächst in Berufung gegangen, hatte diese aber im April zurückgezogen, nachdem die nächsthöhere Instanz klar gemacht hatte, dass sie den Umweltschützern voll Recht geben werde. "Damit hat nun jeder Bürger einen Rechtsanspruch darauf, dass die Stadt alles tut, um die Grenzwerte einzuhalten", sagt Lorenz.

Der Feinstaub im Griff

Davon allerdings ist München weit entfernt: Zumindest beim Stickstoffdioxid (NO₂) reißt die Stadt regelmäßig die von der EU vorgegebenen Grenzwerte. Besser sieht es beim Feinstaub aus - dieses Problem hat man mittlerweile im Griff. Das Lkw-Durchfahrtsverbot und die 2008 eingeführte Umweltzone hätten gewirkt, bestätigte kürzlich auch eine Studie der Ludwig-Maximilians-Universität. Dennoch muss sich die Stadt weiter anstrengen - andernfalls droht die DUH erneut mit juristischen Schritten. Denkbar sei ein Zwangsgeld in Höhe von 10 000 Euro pro Tag gegen den Freistaat. Oder im Extremfall Ordnungshaft gegen den zuständigen Behördenleiter. "In dem Fall ist das der Umweltminister", sagt DUH-Anwalt Remo Klinger.

Man sei sich mit den Verantwortlichen im Freistaat und bei der Bezirksregierung einig, dass es so weit nicht kommen soll, erklärt Lorenz. Daher werde man nun die Maßnahmen erneut prüfen lassen und aufzeigen, wie stark sich jeweils die NO₂-Belastung senken lässt. Der Freistaat habe zugesagt, das Landesamt für Umwelt (LfU) in Augsburg damit beauftragen zu wollen. Die LfU-Fachleute hatten bereits eine mehr als 100 Seiten dicke Studie erstellt, um aufzuzeigen, dass durch die Reduktion des zulässigen Tempos an der Landshuter Allee von 60 auf 50 Stundenkilometer die NO₂-Belastung um 13 bis 15 Prozent gedrückt wird. Solche Studien will Lorenz nun auch für andere Maßnahmen präsentieren, um den Stadtrat zu überzeugen.

Mehrheit gegen strengere Regeln

Dort allerdings hatte sich zuletzt eine breite Mehrheit vehement gegen zahlreiche Verschärfungen gewehrt. So hatten CSU und FDP gegen Tempo 50 an der Landshuter Allee gewettert, die SPD wiederum sich strikt gegen Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen gestellt - obwohl Lorenz diese Maßnahme nur nachts und zunächst nur probeweise starten wollte. Nach dem DUH-Urteil hofft Lorenz indes auf ein Umdenken bei den Stadträten. "Wir müssen etwas tun; dazu sind wir gerichtlich verpflichtet", sagt der Umweltreferent.

Konkrete Entscheidungen stehen aber erst einmal nicht an. Im Juli soll zunächst eine Arbeitsgruppe (bestehend aus Fachleuten der Stadt, des Freistaats und der Bezirksregierung) das weitere Vorgehen abstimmen und "eine Prioritätenliste" erarbeiten. Auch Umweltgruppen, allen voran natürlich die DUH, sollen eingebunden werden, kündigt Lorenz an. Denn neben der Stadt hätten auch Freistaat und Bezirksregierung "ein großes Interesse daran, dass es nicht zu einer weiteren Klage kommt".

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