Urteil des Bundesverwaltungsgerichts:Richter verweisen Bundespolizei von Bahnhofsvorplätzen

Bundespolizei patroulliert in Köln

Bundespolizisten patroullieren vor dem Kölner Hauptbahnhof.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Die Bundespolizei ist für die Sicherheit in Zügen und auf Bahnhöfen verantwortlich. Doch bis wohin reicht ihre Hoheitsgewalt? Darf sie auch auf dem Bahnhofsvorplatz kontrollieren? Nein, sagen die Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Die Frage, wo ein Bahnhof anfängt und wo er aufhört, ist im Alltag selten relevant. Wichtig wird sie allerdings dann, wenn es um Zuständigkeiten geht - Zuständigkeiten von staatlichen Stellen. Wo darf die Bundespolizei eingreifen, wo ist die reguläre Polizei verantwortlich, die den Ländern untersteht?

Mit dieser Frage musste sich nun das Bundesverwaltungsgericht Leipzig in letzter Instanz beschäftigen. Die Entscheidung der Richter: Der Bahnhofsvorplatz ist nicht Teil des Bahnhofes. Deshalb sei die Bundespolizei, zu deren Aufgaben die Sicherheit an Bahnanlagen gehört, dort nicht zuständig und dürfe auch keine hoheitliche Gewalt ausüben (Az.: 6 C 4.13).

Geklagt hatte ein Rentner, der sich im Juni 2011 mit mehreren Jugendlichen am Hauptbahnhof Trier aufhielt. Genauer: an der Treppe des Haupteingangs zum Hauptbahnhof. Dort kontrollierten ihn zwei Beamte der Bundespolizei wegen des Verdachts auf Drogenhandel. Sie verlangten seinen Ausweis und glichen die Daten ab. Ohne Ergebnis, der Mann hatte keine Vorstrafen und war bislang nicht auffällig geworden.

Der Rentner hielt die Kontrolle für rechtswidrig, weil die Bundespolizei am Bahnhofsvorplatz nicht zuständig sei. Die Vorinstanzen hatten den Fall unterschiedlich beurteilt. Das Verwaltungsgericht Trier gab dem Rentner recht, das Oberverwaltungsgericht Koblenz wies die Klage ab.

Die Bundespolizei soll Gefahren auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes abwehren, begründeten die Koblenzer Richter ihr Urteil. Dazu zähle auch der Bereich des Bahnhofsvorplatzes, der sich in unmittelbarer Nähe des Eingangs zum Bahnhof befinde. Zudem sei der Verdacht gerechtfertigt gewesen, weil die Kriminalitätsrate am Trierer Bahnhof hoch und der Kläger wegen seines Alters unter den Jugendlichen aufgefallen sei. Ein Passant habe den Beamten außerdem einen Hinweis gegeben.

Was gehört zum Bahnhof, was nicht?

Das sahen die Richter in Leipzig nun anders. Der Einsatz der Bahnpolizei neben der Bahnhofstreppe sei rechtswidrig erfolgt. Das Urteil betreffe laut Frau Dr. Renate Philipp, Pressesprecherin des Bundesverwaltungsgerichts, "alle Bahnhofsvorplätze" in Deutschland. Welche Bereiche zum Bahnhof gehören, und welche nicht, "hängt von den örtlichen Verhältnissen ab", so Philipp zu Süddeutsche.de.

Das Gericht definiert wie folgt: Flächen vor einem Bahnhof seien dann eine Bahnanlage, "wenn objektive, äußerlich klar erkennbare Anhaltspunkte ihre überwiegende Zuordnung zum Bahnverkehr im Unterschied zum Allgemeinverkehr belegen", sagte der Vorsitzende Richter Werner Neumann.

Mit anderen Worten: Treppen, Bahnhofsvordächer, Tunnel für Reisende seien Bahnanlagen. Gehwege, die am Bahnhof vorbeiführen und von ganz normalen Passanten genutzt werden, gehören nicht dazu. Und auch nicht der Platz neben der Treppe zum Hauptbahnhof Trier.

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