Gesetzentwurf im Bundestag:Was der neue Mindestlohn für Studenten bedeutet

Ob Praktikum oder Nebenjob: Studierende trifft der Mindestlohn mit am stärksten. Welche Folgen hätten die Pläne von Arbeitsministerin Nahles für Praktikanten und Minijobber? Profitieren sie wirklich? Ein Überblick.

Von Karin Janker

Der Mindestlohn wird kommen. Er ist eines der Großprojekte der großen Koalition und prestigeträchtiger Plan von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Am Donnerstag berät der Bundestag in erster Lesung über den Gesetzentwurf, für den 4. Juli ist die Abstimmung geplant. Das Gesetz sieht vom kommenden Jahr an einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro vor. Flächendeckend und mit wenigen Ausnahmen. So fallen Auszubildende generell nicht unter das Mindestlohngesetz. Für Studierende ist die Situation dagegen komplizierter. Was bedeutet der aktuelle Gesetzentwurf für sie? Würden sie von den vorgesehenen Regelungen profitieren oder hätten sie bei Praktika und Nebenjobs das Nachsehen?

Betrifft der Gesetzentwurf zum Mindestlohn auch Studierende?

Ja, Studierende sind sogar mehrfach betroffen: Einerseits dann, wenn sie Praktika absolvieren. Und andererseits deshalb, weil viele Studenten ihr Leben über einen oder mehrere Nebenjobs finanzieren. Der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge machen knapp 20 Prozent der Hochschulabsolventen nach dem Studium ein Praktikum, das durchschnittlich vier bis fünf Monate dauert. Die Studie, die Boris Schmidt von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin für die Stiftung durchgeführt hat, ergab außerdem, dass 40 Prozent der Praktikanten für ihre Tätigkeit kein Geld bekommen. Der Rest verdient durchschnittlich 3,77 Euro pro Stunde - also weit weniger als den vorgesehenen Mindestlohn.

Wie wirkt sich der Mindestlohn auf Pflichtpraktika aus?

Der Gesetzentwurf sieht momentan Ausnahmen vom Mindestlohn vor, wenn die Praktikantinnen ihr Praktikum im Rahmen der Studienordnung ihres Studiengangs leisten. Für Pflichtpraktika gilt der Mindestlohn also nicht. Bei einem Praktikum, das begleitend zu einer Berufsausbildung absolviert wird, ist bis zu einer Dauer von sechs Wochen kein Mindestlohn vorgeschrieben, danach allerdings sind 8,50 Euro pro Stunde fällig.

Was ist mit freiwilligen Praktika, die viele vor oder nach dem Studium zur Orientierung oder als Überbrückung machen?

Die ersten sechs Wochen eines Orientierungspraktikums sind im aktuellen Gesetzentwurf ausgenommen, danach müsste der Arbeitgeber allerdings den Mindestlohn bezahlen. Das gleiche gilt bei Praktika nach dem Studium, die länger als sechs Wochen dauern.

Was bedeutet der Mindestlohn für den Nebenjob?

Für typische Studentenjobs gilt der Mindestlohn natürlich auch - gerade die Gastro-Branche wird durch das Gesetz wohl zum Umdenken gezwungen. Das könnte bedeuten, dass im klassischen 450-Euro-Minijob die zu leistende Stundenanzahl geringer wird. Oder aber, dass manche Minijobs zu sogenannten Midijobs aufgewertet werden. Hier liegt das Gehalt zwischen 450 und 850 Euro pro Monat und der Arbeitgeber zahlt einen verringerten Sozialversicherungsbeitrag.

Was wenden Kritiker gegen die geplanten Regelungen ein?

Firmen und Lobbygruppen malen Horrorszenarien: Sie warnen vor dem Verlust von Praktikumsplätzen, falls die große Koalition ihr Gesetz nicht ändert. "Die Pläne werden nach jetzigem Stand dazu führen, dass freiwillige Orientierungspraktika von Unternehmen so gut wie nicht mehr angeboten werden, weil sie zu teuer sind", sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer kürzlich zur Wirtschaftswoche. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) verlangt deshalb, dass freiwillige Praktika nach dem Studium ebenfalls vom Mindestlohn ausgenommen werden. Auch Unionspolitiker dringen auf Änderungen: Die Einbeziehung längerer Praktika in den Mindestlohn könne sich als Bumerang erweisen, warnte der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung der Union, Carsten Linnemann. Leidtragende wären Nachwuchskräfte, die parallel zum Studium Praxiserfahrung suchten, sagte er dem Focus.

Was halten Befürworter des Mindestlohns von dem Gesetz?

Reinhard Bispinck, Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung, hält den Gesetzentwurf aus Sicht der Studierenden für ein positives Signal. "Der Missbrauch von Praktikanten als billigen Arbeitskräften wird dadurch zurückgedrängt", sagt Bispinck. Im Falle von Minijobs müsse künftig die Arbeitszeit genauer erfasst werden, so dass auch hier die Ausbeutung von Studenten im Nebenjob zumindest erschwert werde.

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