Kunstaktion in Dietramszell:"Kein Platz dem Hindenburg"

Entfernung der Hindenburg-Büste

Kunst-Aktion mit Nachwirkungen: Mit vereinten Kräften gehen Wolfram Kastner (rechts) und Martin Stiefel im Juli 2014 der Hindenburg-Büste an der Klostermauer in Dietramszell an den Kragen.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Dietramszeller wissen nicht, wie sie mit der Büste des früheren Reichspräsidenten Paul von Hindenburg umgehen sollen. Da montieren Aktionskünstler den Kopf einfach ab. Zerstören kommt für sie allerdings nicht in Frage.

Von Petra Schneider, Dietramszell

Es ist ein Aufsehen, dass sich die Gemeinde Dietramszell im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gerne mal für ihre Freizeitangebote gewünscht hätte. So aber geriet sie im vergangenen Jahr in die internationale Presse, weil der Gemeinderat erst mit Verspätung die Ehrenbürgerwürde für Adolf Hitler und den früheren Reichspräsidenten Paul von Hindenburg einkassierte und eine Büste Hindenburgs weiterhin an der Klostermauer hängen ließ, ohne eine aufklärende Information.

Das Problem ist nun gelöst, wenn auch auf reichlich ungewöhnliche Art. Denn da der Gemeinderat keine Idee für den Umgang mit der Büste hatte, schritten am Dienstag die Münchner Künstler Wolfram P. Kastner, Friedo Niepmann und Martin Stiefel zur Tat und schraubten den hohlen Schädel einfach ab. Einen neuen Standort hatten sie schon zuvor ausgewählt: das Grundstück der Familie von Schilcher, auf deren Anwesen Hindenburg zehn Jahre lang seinen Sommerurlaub verbrachte.

"Kein Platz für Nazi-Steigbügelhalter"

Weil der Enkel des Gastgebers Hindenburg offenbar noch immer für einen ehrenvollen Mann halte, solle er die Büste bekommen, sagt Kastner. "Wir hätten den Militärschädel auch auf eine Müllkippe bringen können." Aber zerstören wollen die Künstler nicht, sondern im Gegenteil etwas schaffen: Dialog und Auseinandersetzung mit einer historischen Figur. Unter einem Holzkreuz ruht nun der Hindenburg-Kopf, auf dem rechten Auge blind, weil Kastner dort einen Aufkleber mit Hakenkreuzsymbol angebracht hat.

Davor ein Schild: "Kein Platz für Nazi-Steigbügelhalter", steht darauf. An der Klostermauer findet sich nun ein Verbotsschild: "Kein Platz dem Hindenburg." Des öfteren hätten seine Aktionen zu Konflikten mit der Polizei geführt oder strafrechtliche Konsequenzen gehabt, sagt Kastner. Auch Morddrohungen von Neonazis habe er bekommen. "Aber als vernünftiger Mensch und beherzter Bürger muss man sich einmischen", sagt der 67-Jährige. Kunst sei dafür ein geeignetes Medium.

Die Aktion soll einen "Prozess des Nachdenkens und Handelns in Gang setzen", wünschen sich die Akteure. Die Salesianerinnen, in deren Besitz das Kloster und die Büste sind, wollen gegen die Künstler nichts unternehmen. Oberin Schwester Kiliana ist aber auch nicht erfreut über die Aktion. Die Art, wie da jetzt Wirbel gemacht werde, finde sie nicht gut, sagt sie.

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