BND-Mitarbeiter unter Spionageverdacht:Zerstörung eines Bündnisses

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Die ehemalige NSA-Überwachungsstation in Bad Aibling - heute gehört sie dem BND. (Foto: REUTERS)

Sollte sich bestätigen, dass ein amerikanischer Geheimdienst einen BND-Mitarbeiter als Doppelspion führte, dann droht eine politische Krise, für deren Beschreibung die Worte fehlen. Und die USA hätten eine Entscheidung getroffen, die entweder dumm oder unverschämt ist.

Ein Kommentar von Stefan Kornelius

Man muss in diesem Fall jedem Urteil eine salvatorische Klausel vorausstellen, derart gravierend ist er: Sollte sich herausstellen, dass der nun als Spion enttarnte BND-Mitarbeiter doch nicht den USA sein Material übergeben hat (sondern etwa einem Agenten, der sich lediglich als Amerikaner ausgab), dann ist Abbitte nötig.

Sollte sich aber bestätigen, dass ein amerikanischer Geheimdienst einen BND-Mitarbeiter als Doppelspion führte, dann schlittern Deutschland und die USA in eine politische Krise, für deren Beschreibung der Superlativ fehlt.

Vieles ist vorstellbar in der schrägen Welt der Geheimdienste. Relativ unvorstellbar aber war es, dass nach den Enthüllungen von Edward Snowden und der Empörung über das abgehörte Kanzlerinnen-Handy ein US-Dienst mit der gleichen Masche im Herzen des BND weitermachen würde. Dafür gibt es einen simplen Grund: Das Risiko war einfach zu hoch. Eine Enttarnung weiterer unfreundlicher Spionageakte gegen Deutschland hätte doch unkalkulierbare politische Gefahren in sich getragen.

Dumm oder unverschämt?

Dieses Risiko sind die USA offensichtlich eingegangen. Dahinter kann nur eine Interessensabwägung stecken, die entweder dumm oder unverschämt ist. Dumm wäre sie, wenn der US-Dienst nicht verstanden hätte, was er mit einer Enttarnung aufs Spiel setzt. Das werden die USA nun spüren: Was auch immer an Vertrauen übrig geblieben ist wird zerrieben.

Die eigentlich eng verwobenen Geheimdienste sind düpiert, der Schaden für die sicherheitspolitische Zusammenarbeit ist nicht abzuschätzen - ganz zu schweigen von der Auswirkung auf das politische Klima von TTIP bis Snowden. Antiamerikanismus steht in Deutschland auf einem Allzeithoch - und Washington verfügt nicht gerade über eine große Auswahl verlässlicher Partner. So also werden Bündnisse zerstört.

Der BND-Fall vereist das Klima zwischen Washington und Berlin

Unverschämt wäre die Spionage-Entscheidung, wenn sie im vollen Bewusstsein der Abhängigkeit Deutschlands und des Risikos getroffen wurde. Das zeugte von einer Geringschätzung, gegen die Berlin schon aus Selbstachtung vorgehen muss. Dazu kommt der schier unglaubliche Gegensatz zwischen den Taten und all den salbungsvollen Worten des vergangenen Halbjahres. Das lässt nur einen Schluss zu: Entweder hat der US-Präsident seine Dienste nicht unter Kontrolle, oder er lügt. Beides ist nicht zu entschuldigen.

Die USA müssen nun öffentlich klären, in wessen Verantwortung und warum der deutsche Partner-Geheimdienst unterwandert wurde. Nach der politischen Vorgeschichte wird dieser Spionagefall personelle Konsequenzen haben müssen.

Für den Doppelagenten ist der BND selbst verantwortlich. Der Untersuchungsausschuss hat einen gewaltigen Grund mehr, die internen Verhältnisse des Dienstes auszuleuchten. Ein BND-Chef, der sich von seinem vermeintlich engsten Verbündeten derart täuschen lässt, ist kein starker Verhandlungspartner mehr. Wer diesen Schaden verantwortet, muss gehen - in Washington wie in Berlin.

© SZ vom 05.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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