Krise in der Ukraine:Separatisten fliehen aus Slawjansk

Crisis in Ukraine

Ukraine: Regierungstruppen patrouillieren im Osten des Landes.

(Foto: dpa)

Kiew verzeichnet Erfolge bei der Armeeoffensive im Osten des Landes: Die Separatisten ziehen sich aus ihrer bisherigen Hochburg Slawjansk zurück. Die Nato und Russland halten im Schwarzen Meer parallel Flottenübungen ab.

  • Während sich der Ton zwischen Russland und der Ukraine verschärft, meldet Kiew eine erfolgreiche Armeeoffensive: Die Separatisten haben ihre bisherige Hochburg Slawjansk aufgegeben
  • Russland startet Militärmanöver im Schwarzen Meer und entsendet Kriegsschiffe, Jagdbomber und Kampfhubschrauber, auch die Nato hält ein Flottenmanöver ab.
  • Kiew wirft Russland eine Verletzung seines Luftraumes vor und droht damit, Helikopter abzuschießen.
  • Bundeskanzlerin Merkel drängt auf neue Friedensverhandlungen und telefoniert mit dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko.
  • Bei Luftangriffen gegen Stellungen prorussischer Separatisten in der Ostukraine gibt es etliche Tote.

Separatisten verlassen Slawjansk

Der von den Separatisten ernannte Bürgermeister von Slawjansk, Wolodymyr Pawlenko, hat den Rückzug der prorussischen Milizionäre aus ihrer bisherigen Hochburg in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur AFP bestätigt. In Slawjansk herrsche nun ein Machtvakuum. Nach Angaben der Regierung in Kiew hisste das Militär dagegen zum Zeichen der Rückeroberung bereits die ukrainische Flagge über dem Rathaus von Slawjansk.

Die Aufständischen wollten nicht von einer Niederlage sprechen. Die Kämpfer seien nicht vor der Armee aus Slawjansk geflohen, sondern hätten lediglich zum Schutz der Zivilbevölkerung die Stellung gewechselt, sagte der Separatistenanführer Andrej Purgin: "Unser Widerstand ist nicht gebrochen". Innenminister Arsen Awakow sagte, die prorussischen Kämpfer seien unterwegs in die Großstadt Donezk.

Der Separatisten-Kommandeur Igor Strelkow hatte sich erst am Freitag an die Regierung in Moskau gewandt und gewarnt, seine Milizen könnten die Anfang April eroberte Stadt ohne russische Hilfe nicht mehr lange halten.

Russland schickt Kriegsschiffe und Jagdbomber in Krisenregion

Die Nato und Russland hielten derweil parallel im Schwarzen Meer Flottenmanöver ab. An der Nato-Übung beteiligten sich Schiffe aus den USA und sechs weiteren Nato-Staaten. Die Ukraine gehört nicht zu dem Bündnis.

Auch Russland begann mit einem Großmanöver in unmittelbarer Nähe der Krisenregion. Im Schwarzen Meer seien etwa 20 Kriegsschiffe sowie Jagdbomber vom Typ Suchoi Su-24 und Kampfhubschrauber im Einsatz, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Auch Tests von Marschflugkörpern seien geplant.

Nach dem umstrittenen Anschluss der Schwarzmeerhalbinsel Krim an Russland dürfte die Übung für neue Spannungen sorgen. In der Nähe des Manövers liegen etwa die ukrainischen Hafenstädte Odessa und Mariupol, in denen es in dem Konflikt blutige Zusammenstöße gegeben hatte.

Ukraine droht mit Abschuss russischer Kampfhubschrauber

Die Führung in Kiew wirft Moskau vor, den ukrainischen Luftraum verletzt zu haben. Drei Militärhubschrauber mit russischen Kennzeichen seien mehrfach über ukrainisches Territorium geflogen, sagte Sicherheitsratschef Andrej Parubij in Kiew. Die ukrainische Führung habe Russland in einer Protestnote mit Nachdruck aufgefordert, Grenzverletzungen sofort einzustellen. "Das ist eine Warnung. Wir werden die Maschinen abschießen."

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte einen mehrtägigen Waffenstillstand am Dienstag aufgekündigt, weil es zahlreiche Attacken durch die Separatisten gegeben hatte. Er beschuldigt Russland, Kämpfer und Waffen die Grenze passieren zu lassen und Nachschublieferungen für moskautreue Aufständische über die Grenze zu dulden. Allein im Gebiet Lugansk verfügten die militanten Gruppen mittlerweile über mindestens 20 Panzer und mehr als 120 Panzerfahrzeuge, sagte Juri Stez von der Nationalgarde in Kiew.

Bundeskanzlerin Merkel drängt auf neue Friedensverhandlungen

Nun soll ein Krisentreffen den Weg für eine Waffenruhe frei machen. Der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko forderte alle Konfliktparteien auf, an diesem Samstag bei Verhandlungen einen Ausweg zu suchen, wie das Präsidialamt in Kiew mitteilte.

Die moskautreuen Separatisten stimmen einem Treffen der sogenannten Kontaktgruppe aus Russen, Ukrainern und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) grundsätzlich zu. Sie schlagen als Ort die weißrussische Hauptstadt Minsk vor. Offiziell bestätigt ist das Treffen noch nicht.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dringt in dem Konflikt auf neue Verhandlungen. Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert telefonierte Merkel am Freitag mit Poroschenko und mit Frankreichs Präsidenten François Hollande. Alle drei appellierten an Russland, seinen Einfluss auf die Aufständischen geltend zu machen.

Zahlreiche Menschen sterben bei Luftangriffen in Ostukraine

Seit dem Ende der Feuerpause lässt Poroschenko Städte in den Regionen Lugansk und und Donezk bombardieren. Dort kämpfen militante prorussische Kräfte um die Unabhängigkeit der nicht anerkannten "Volksrepubliken Donezk und Lugansk".

Nach Angaben des ukrainischen Militärs hat es bei Auseinandersetzungen zwischen Separatisten und Regierungstruppen in der Ostukraine erneut viele Tote gegeben. Sechs Stellungen prorussischer Separatisten seien durch Luftangriffe und Artillerie zerstört, der Ort Nikolajewka vollständig von den Truppen eingeschlossen worden, berichtete ein Sprecher des "Anti-Terror-Einsatzes" in Kiew. Mehr als 150 Aufständische und zwei ukrainische Soldaten seien getötet worden.

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