Machen Sie mit - der Gefahren-Atlas:Wo sind Münchens Straßen am gefährlichsten?

Kreuzungen mit Unfallgarantie, Hauptstraßen ohne Fahrradstreifen, Zebrastreifen in der Raserzone: Die SZ baut mit Ihrer Hilfe einen Gefahren-Atlas für München auf. Melden Sie uns, wo die Problemstraßen sind, damit etwas dagegen getan werden kann.

Von Thierry Backes und Florian Fuchs

Jeden Tag der gleiche K(r)ampf: Fahrradfahrer und Autofahrer geraten an unübersichtlichen Kreuzungen aneinander; Fußgänger und Moped-Fahrer werden im Verkehrschaos übersehen; Blader und Skater verzweifeln an Problemstellen des Straßennetzes. Weil keine offizielle Karte der gefährlichsten Straßen der Stadt existiert, brauchen wir Ihre Hilfe:

  • Melden Sie uns in der Karte oben, welche Orte Ihnen im Alltag als besonders brenzlig auffallen - egal, ob Sie in München oder im Umland wohnen.
  • Sie müssen nur das Verkehrsmittel, eine kurze Problembeschreibung und die Adresse angeben (oder den Marker auf der Karte umherziehen); gerne können Sie auch ein Foto hochladen, wenn Sie wollen.
  • Live erwächst so aus allen Leser-Meldungen ein Gefahren-Atlas für München - er soll klarmachen, wo es am dringendsten Abhilfe braucht.
  • Ein Klick auf die Karte oben genügt, und Sie sehen die Gefahren-Straßen. Bei Neuladen aktualisiert sie sich sofort.

Unser Partner Mark-a-Spot hat solche Beschwerdesysteme für mehrere Städte aufgebaut (siehe unten). In München gibt es so ein Angebot ebenso wenig wie Zugriff auf die Unfallstatistiken, mit denen man einen solchen Atlas problemlos aus Polizeidaten erstellen könnte. Die Hintergründe unseres Crowdsourcing-Projekts und wie groß das Verkehrsproblem in der bayerischen Landeshauptstadt ist: einige Fakten.

Die Statistik - Beispiel Radfahrer

Zugegeben: Radfahrer haben in München nicht den besten Ruf. Sie gelten vielen Autofahrern als unberechenbar, weil sie sich nicht immer an die Verkehrsregeln halten, über rote Ampeln fahren oder nachts ohne Licht. Radfahrer leben aber nicht nur deshalb gefährlich: Statistisch gesehen ist im Jahr 2013 alle drei Stunden einer von ihnen an einem Verkehrsunfall beteiligt gewesen - und das nur im Einzugsgebiet des Polizeipräsidiums München, das in Stadt und Landkreis ein Straßennetz von 3760 Kilometern überwacht. Das lässt sich so in der Polizeistatistik nachlesen.

Radfahrer werden dort wie Fußgänger zu den "ungeschützten" und damit besonders gefährdeten Verkehrsteilnehmern gezählt, was sich auch in den folgenden Zahlen ausdrückt: Unter den 7828 Personen, die im vergangenen Jahr im Straßenverkehr verunglückten, waren 323 schwerverletzte Radfahrer und 174 schwerverletzte Fußgänger, aber "nur" 162 schwerverletzte Autofahrer. Elf Fußgänger und drei Radfahrer starben. Sie gehören somit zur Mehrheit der 27 Straßenverkehrstoten in München und Umgebung im Jahr 2013.

Die offizielle Datenbank

Seit 2004 speichert die Münchner Verkehrspolizei jeden Unfall und alle relevanten Daten in einem Computersystem namens "Vulkan" ("Verkehrs-Unfall-Karten-(und)-Analyse-Netzwerk"). Auf einer Karte sehen die Beamten so zum Beispiel, wo es häufig kracht - und können darauf reagieren. Dann treffen sich die Verantwortlichen der sogenannten Unfallkommission mit Experten der Stadt und beraten, wie sich die betroffene Stelle entschärfen lässt. Die "Vulkan"-Datenbank wäre aber nicht nur für Stadt und Polizei interessant, sondern auch aus einer journalistischen Perspektive.

2012 entstand bei SZ.de die Idee, daraus einen Gefahren-Atlas für München zu erstellen. Doch die Polizei lehnte eine Zusammenarbeit ab, nicht zuletzt aus Datenschutzgründen. "Wo es die meisten Unfälle mit Radfahrern, ist ohnehin klar", sagt Michael Reisch von der Verkehrspolizei: "Das sind die wichtigen Münchner Radachsen wie Lindwurmstraße, Leopoldstraße oder die Isartrasse."

Der Gefahren-Atlas

Die Gefahrenstellen sind natürlich vielfältig - und jeder Einzelne empfindet sie subjektiv ein wenig anders. Darum wollen wir uns nun an Sie wenden und fragen: Wo sind Münchens Straßen gefährlich für Radfahrer und Fußgänger, für Rollerblader und Mopedfahrer? Sprich: für die schwächeren Verkehrsteilnehmer? Tragen Sie auf der Karte oben schmale Radwege, rasante Abfahrten oder tückische Kreuzungen ein - und schauen Sie sich an, wo andere Nutzer Gefahren sehen.

Projekte dieser Art gibt es viele im Internet, allerdings haben die meisten einen etwas anderen Fokus. Kommunen wie Bonn oder Gießen bitten ihre Bürger auf ihren Plattformen, unter anderem herrenlose Fahrräder, Graffiti, defekte Laternen oder beschädigte Straßenschilder zu melden. Die Stadt Nürnberg hat ihre Bürger Standorte für neue Radständer vorschlagen lassen. Auf diversen anderen Seiten warnen Autofahrer vor Schlaglöchern. Das Prinzip des Crowdsourcing ist immer dasselbe: Viele Menschen machen mit, um ein bestimmtes Problem über eine Internet-Plattform gemeinschaftlich zu adressieren - und dadurch Verbesserungen zu erreichen.

Wie es weitergeht

Am Ende profitieren alle Nutzer von dem Wissen der anderen. Und so könnte es auch hier sein: Die Münchner Polizei will sich die Einträge der Nutzer genau anschauen. "Die Ergebnisse werden wir analysieren und gegebenenfalls auch darauf reagieren", sagt Reisch. "Das ist ein für uns interessantes Projekt."

Wir werden Ihnen schon am Montag eine erste Auswertung der Daten anbieten - und dann in den kommenden Wochen weiter berichten, was sich auf den Problemstraßen tut.

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