Prozess gegen Gustl Mollath:Gutachter sieht keinen Beweis für Misshandlungen

Wiederaufnahmeverfahren Gustl Mollath

Gustl Mollath und sein Anwalt Gerhard Strate im Gerichtssaal des Landgerichts Regensburg.

(Foto: dpa)

Ob Gustl Mollath seine Exfrau vor 13 Jahren verprügelt hat, lässt sich heute nicht mehr nachweisen. Der medizinischer Gutachter vor Gericht hat aber keine Zweifel, dass sie erheblicher stumpfer Gewalt ausgesetzt war.

  • Am zehnten Verhandlungstag sagt ein medizinischer Gutachter vor dem Landgericht Regensburg aus.
  • Mollaths Exfrau war stumpfer Gewalt ausgesetzt, Misshandlung lässt sich aber nicht nachweisen.
  • Gutachter kritisiert Attest des damaligen Arztes.

Mollaths Exfrau war erheblicher stumpfer Gewalt ausgesetzt

Am zehnten Tag des Wiederaufnahmeverfahrens stellt der medizinische Sachverständige Wolfgang Eisenmenger sein Gutachten vor. Es bestehe kein Zweifel, dass das Opfer erheblicher stumpfer Gewalt ausgesetzt war, sagt er. Ein direkter Zusammenhang mit Misshandlungen lasse sich aber nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beweisen: "Es kann so gewesen sein, beweisen lässt es sich aber nicht."

Gutachter kritisiert Attest des damaligen Hausarztes

Gutachter Eisenmenger kritisiert das Attest des damaligen Arztes von Petra M. aus dem Jahr 2001: "Das Attest enthält eine Reihe von Defiziten, der Arzt hat die Standards, die man vor einem Attest erwartet, nicht eingehalten." Der Hausarzt habe die Farbe der Hämatome und die Würgemale nicht näher beschrieben und auch keine Fotos der Verletzungen gemacht. "Die Exaktheit lässt zu wünschen übrig", sagt Eisenmenger. Dies sei aber häufig der Fall, weil viele Hausärzte nicht darauf eingerichtet seien, was ein Rechtsmediziner vor Gericht später erwarte.

Widersprüchliche Beschreibung der Verletzungen

In seinem Gutachten geht Eisenmenger auch auf Aussagen von Petra M. ein, bezeichnet sie als "Sammelsurium von Aspekten". Mit jeder Vernehmung sei ihre Beschreibung der Angriffe drastischer geworden, auch der Ablauf der Tat änderte sich in ihren Darstellungen. Ihm sei sogar ein medizinscher Widerspruch aufgefallen: Bei einer Aussage behauptete Petra M. zwar, eine Narbe von einer Bisswunde zu haben - sie glaube jedoch, dass es nicht geblutet habe.

Auch zwischen den Angaben im Attest, dem Inhalt der Krankenakte und den Schilderungen des Opfers gebe es Unterschiede. Mollaths Exfrau hatte in Vernehmungen von 20 Faustschlägen gesprochen, im Attest seien jedoch Schläge mit der flachen Hand dokumentiert. Bei Schlägen mit der flachen Hand seien aber streifenförmige Rötungen zu erwarten und nicht, wie im Attest beschrieben, rundliche Hämatome, erklärt der Professor.

Trotz dieser Widersprüche betont Eisenmenger nochmal, dass kein Zweifel an stumpfer Gewalteinwirkung bestehe. Auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft bestätigte Eisenmenger, dass das Opfer eine Bisswunde, Hämatome am Körper und am Hals gehabt habe. Wer für diese Verletzungen verantwortlich ist und in welcher Situation diese entstanden sind - vorsätzlich oder in Notwehr -, das lasse sich aus rechtsmedizinischer Sicht heute nicht mehr klären. Diese Wertung obliege nun dem Gericht, betont Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl.

Verteidigung bewertet das Gutachten positiv

Die Verteidigung bewertet das neue Gutachten als Erfolg. "Wir sind auf der Siegerstraße. Es wird immer etwas bleiben, aber nichts strafrechtlich Relevantes", sagt Mollaths Anwalt Gerhard Strate.

Noch sieben Verhandlungstage

Mehr als die Hälfte der Verhandlungstage im Wiederaufnahmeverfahren gegen Gustl Mollath sind schon um. Der 57-jährige Nürnberger muss sich vor dem Landgericht Regensburg wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung verantworten.

Der Vorwurf: Er soll 2001 seine damalige Ehefrau misshandelt und eingesperrt haben. Außerdem habe er Dutzende Autoreifen zerstochen, um sich an Menschen zu rächen, die an der Scheidung seiner Frau beteiligt waren oder sich sonst irgendwie gegen ihn gewandt hatten. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte Mollath 2006 wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen, aber in die forensische Psychiatrie eingewiesen. Erst 2013 kam er frei.

Der Prozess wird am kommenden Mittwoch (23. Juli) fortgesetzt. Dann wird unter anderem der technische Sachverständige zu den Reifenstechereien sein Gutachten abgeben.

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