US-Gerichte:Rauchendes Prozessmonster

Amerikas horrende Schadensersatz-Urteile sind verrückt. Nun soll der Tabakproduzent R. J. Reynolds der Erbin eines Lungenkrebs-Opfers 23,6 Milliarden Dollar zahlen. Trotz aller Abneigung gegen die Zigarettenindustrie: Die Summe ist absurd.

Ein Kommentar von Kathrin Werner

Die horrenden Schadensersatz-Urteile in Amerika sind verrückt, das ist nichts Neues. Gerade gibt es wieder die Probe aufs Exempel, es geht gegen einen milliardenschweren Großkonzern, dem die meisten Amerikaner wenig Sympathie entgegenbringen. R. J. Reynolds, zweitgrößter Tabakverkäufer des Landes, soll der Erbin eines Lungenkrebs-Opfers schier unglaubliche 23,6 Milliarden Dollar zahlen.

Trotz aller Abneigung gegen die Zigarettenindustrie, die Menschen lange über die Risiken des Rauchens systematisch belogen hat, ist die Summe absurd. Reynolds macht 8,2 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr. Und die Gewinne sind längst nicht mehr so satt, seitdem immer weniger Amerikaner rauchen.

Die Schadensersatz-Summe verdeutlicht auch den Reformbedarf des amerikanischen Rechtssystems. Laien haben in den Zivilverfahren zu viel Einfluss, sie entscheiden nicht nur über Schuld oder Unschuld, sondern auch über die Höhe des Schadensersatzes. Das führt zu willkürlichen Summen.

Selten haben solche Entscheidungen Bestand, Reynolds hat schon Rechtsmittel gegen das Urteil angekündigt. Es ist zu erwarten, dass die Summe auf einen Bruchteil schrumpft, aus Milliarden dürften Millionen werden, wenige Millionen. Das Verfahren wird sich weiter hinziehen. So wird aus einer eigentlich berechtigten Schadensersatz-Klage ein Jahrzehnte dauerndes Prozessmonster werden.

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