Bildband "Battlefields":Wolken ziehen vorüber

Der Fotograf Peter Hebeisen reist um die Welt und porträtiert Städte und Landschaften des Krieges. Dabei klammert er sich geradezu am Motiv der Wolken fest - was bleibt auch sonst?

Von Stefan Fischer

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Peter Hebeisen - Battlefields - Hatje Cantz Verlag

Quelle: assistent

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Der Fotograf Peter Hebeisen reist um die Welt und porträtiert Städte und Landschaften des Krieges. Dabei klammert er sich geradezu am Motiv der Wolken fest - was bleibt auch sonst?

Kein Erdteil ist im 20. Jahrhundert derart zerfurcht worden wie Europa. "Aufgrund ihrer unermesslichen Vernichtungspotenziale veränderten die Weltkriege die Topografien ganzer Landschaften", schreibt der Historiker Gerhard Paul in seinem Vorwort zu Peter Hebeisens Mitte August erscheinendem Foto-Buch "Battlefields". In diesen Landschaften, die Schlachtfelder wurden, so zitiert er Walter Benjamin, sei nichts unverändert geblieben als die Wolken.

Im Bild: Kalatsch in Russland

Peter Hebeisen - Battlefields - Hatje Cantz Verlag

Quelle: Peter Hebeisen

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Es sind dann tatsächlich die Wolken, an denen sich Peter Hebeisen orientiert, ja geradezu festklammert. Was bleibt auch sonst? Dieser industrialisierte Krieg, der von 1914 an geführt wurde vor allem von den Völkern Europas, ließ sich mit den Mitteln der Malerei, der Fotografie und des Films in seinem kompletten Ausmaß nicht mehr darstellen: "Das, was sichtbar wurde, hatte mit Evidenz meist nichts zu tun; vielmehr verbarg es gerade das, was es zu verbildlichen und aufzudecken vorgab", schreibt Gerhard Paul. Bis heute ist das so geblieben, die bildende Kunst kommt der kriegerischen Realität mit naturalistischen Mitteln nicht bei. Schon gar nicht aus der historischen Distanz wie bei Peter Hebeisen.

Im Bild: St. Petersburg in Russland

Peter Hebeisen - Battlefields - Hatje Cantz Verlag

Quelle: assistent

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Es bedarf einer Verfremdung, einer Überhöhung. Hebeisen knüpft auf den Fotografien, die er mit einer Großformat-Kamera aufgenommen hat, an die Bildsprache der Romantik an, er zitiert Caspar David Friedrich und bedient sich bei Luministen wie Martin Johnson, die die Wirkung des Lichts ins Zentrum ihrer Malerei rückten.

Im Bild: Anzio in Italien

Peter Hebeisen - Battlefields - Hatje Cantz Verlag

Quelle: shoot

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Die Brutalität und das Grauen dieser modernen Kriege - Hebeisen hat auf insgesamt 46 Schlachtfeldern des Ersten und Zweiten Weltkriegs, des Spanischen Bürgerkriegs, des Bosnienkriegs und des Nordirland-Konflikts fotografiert - ist nicht zu sehen. Die Imaginierung muss im Kopf des Betrachters passieren, unterstützt durch die historischen Hintergrundtexte von Gisela Femppel. Hebeisens Fotografien sind menschenleer, er hat auf Rückenfiguren wie bei Caspar David Friedrich verzichtet, deren Rolle weist er den Betrachtern seiner Aufnahmen zu.

Im Bild: Prokhorovka in Russland

Peter Hebeisen - Battlefields - Hatje Cantz Verlag

Quelle: SZ

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Könnte diese Mulde nicht ein Granatentrichter sein, diese Furche nicht der Überrest eines Schützengrabens? Man kann diese Fragen nicht beantworten, die Landschaften geben wenig preis von dem, was hier passiert ist. Peter Hebeisen zeigt sie durchaus auch in ihrer Banalität, zugleich hat er Licht- und Wolkenstimmungen für die Aufnahmen gewählt, die seinen Motiven alles Liebliche austreiben. Er schreibt den Bildern eine Lebensfeindlichkeit ein, die man aber immer als eine Momentaufnahme wahrnimmt.

Im Bild: Piz Lagazuoi in Italien

Peter Hebeisen - Battlefields - Hatje Cantz Verlag

Quelle: SZ

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Die Wolken werden sich wieder verziehen, die Sonne wird wieder scheinen. Gallipoli, Monte Cassino und nicht einmal Verdun lassen sich reduzieren auf die Kriegsschauplätze, die sie waren.

Peter Hebeisen: Battlefields. Verlag Hatje Cantz, Ostfildern 2014. 148 Seiten, 39,80 Euro.

© SZ vom 24.07.2014/ihe
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