Gericht entscheidet:Mollath-Verteidiger müssen bleiben

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"Das ist ein Angriff auf meine Ehre": Gerhard Strate (rechts) will Gustl Mollath nicht mehr verteidigen. (Foto: dpa)

Eklat vor dem Landgericht Regensburg: Gerhard Strate will Gustl Mollath nicht länger verteidigen, er fühlt sich in seiner Ehre verletzt - und beantragt seine Entpflichtung. Doch das Gericht lehnt ab.

Von Hans Holzhaider, Regensburg

  • Der Streit zwischen Gustl Mollath und seinen Pflichtverteidigern ist eskaliert: Beide Anwälte baten am Montag im Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Regensburg um die Entpflichtung ihres Mandates.
  • Das Gericht lehnt den Antrag ab, es sieht "keine nachhaltige Zerrüttung" im Verhältnis zwischen Mollath und seinen Pflichtverteidigern.
  • Zuvor hatte der Angeklagte Mollath mehr Zeit gefordert - und seiner Verteidigung Vorwürfe gemacht. ​Anwalt Strate sprach von einem Angriff auf seine Ehre.

Verteidigung fordert Entpflichtung

Pflichtverteidiger Gerhard Strate sieht keine Grundlage mehr, seinen Mandanten Gustl Mollath zu verteidigen. "Das ist ein Angriff auf meine Ehre", erklärte er am Montag vor dem Landgericht Regensburg, nachdem der Angeklagte seinen Anwälten vorgeworfen hatte, sie hätten nicht genügend Zeit. Gemeinsam mit seinem Kollegen Johannes Rauwald bat Strate das Gericht um seine Entpflichtung. Nach einer einstündigen Beratung entschied das Gericht: Die Pflichtverteidiger müssen bleiben.

Richterin sieht keine nachhaltige Zerrüttung

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Einen Tag nachdem die Verteidiger von Gustl Mollath ihr Mandat niederlegen wollten, sitzen Anwälte und Angeklagter wieder einträchtig nebeneinander. War also alles nur ein Sturm im Wasserglas? Wohl kaum. Gerhard Strate hat Mollath gezeigt, wo die Grenzen sind.

Ein Kommentar von Hans Holzhaider

Die Vorsitzende Richterin Elke Escher begründete die Ablehnung von Strates Antrag damit, dass sie weder eine grobe Pflichtverletzung noch eine "nachhaltige Zerrüttung" sehe. Unstimmigkeiten über die Führung der Verteidigung seien nicht ungewöhnlich. Mollath sei "bislang hervorragend verteidigt" worden, sagte Escher.

Bereits vergangene Woche hatte es eine Auseinandersetzung zwischen Mollath und seinen Verteidigern gegeben. Nachdem der Angeklagte dem Gericht Vorwürfe gemacht hatte, legten seine Anwälte völlig überraschend ihr Mandat nieder. Mollath reagierte verwundert - er sehe das Vertrauensverhältnis überhaupt nicht belastet, sagte er. Das Gericht bestellte die Anwälte daraufhin als Pflichtverteidiger.

Mollath macht Anwälten Vorwürfe

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Bevor die Verhandlung am Montag vor dem Landgericht Regensburg überhaupt beginnen konnte, verlas der Angeklagte ein Schreiben. Darin forderte er mehrere Tage Bedenkzeit, um sich auf weitere Beweisanträge vorbereiten zu können.

Er habe bereits im Vorfeld um die 30 Anträge formuliert, davon sei aber nur ein geringer Teil umgesetzt worden. Ihm sei es wichtig, dass er wegen "erwiesener Unschuld" freigesprochen werde - und nicht "im Zweifel für den Angeklagten". Es habe aber bislang keine Zeit gegeben, mit seinen Verteidigern zu sprechen.

Verteidiger verweist auf Berater im Hintergrund

Mollaths Verteidiger Gerhard Strate reagierte wütend. Hier werde unterstellt, die Verteidigung bringe nicht genug Zeit für ihren Mandanten auf. Dieser Vorwurf sei falsch. Er sei das ganze Wochenende erreichbar gewesen und habe auch versucht, Mollath anzurufen. Doch dieser sei nicht ans Telefon gegangen. Offenkundig gebe es im Hintergrund weitere Rechtsberater.

Strate sprach von einer "impliziten Diffamierung" der Verteidigung. Das sei ein "starkes Stück". Er habe Mollath ausführlich erklärt, warum die Beweisanträge "Mist" seien - man sei auf dem Weg zu einem Freispruch gewesen. Die Verhandlung wurde daraufhin kurz unterbrochen. Als es weiterging, forderte Strate die Entpflichtung. Sein Kollege Rauwald schloss sich dem Antrag an.

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Gericht lehnt Beweisanträge ab

Nach der Entscheidung setzte das Gericht die Verhandlung fort - und lehnte zahlreiche Beweisanträge der Verteidigung ab. Dabei ging es um eine angebliche Verstrickung von Mollaths Ex-Frau und deren damaligem Arbeitgeber in illegale Geldtransfers in die Schweiz. Diese würden zugunsten des Angeklagten als wahr unterstellt, erläuterte die Vorsitzende Richterin, Elke Escher. Die Vorwürfe werden nach Angaben des Gerichtssprechers aber nicht weiter überprüft, haben somit keine Wirkung auf andere Verfahren, also keine strafrechtliche Relevanz. "Dieses Mittel dient der Entlastung des Prozesses", betonte der Sprecher des Landgerichts, Thomas Polnik. Unter anderem wollte die Verteidigung ein ehemaliges Vorstandsmitglied der HypoVereinsbank als Zeugen laden.

Am 8. August soll die Verhandlung mit den Plädoyers der Prozessbeteiligten fortgesetzt werden, auch der Angeklagte selbst will dann erstmals "eine Einlassung zur Person und Sache abgeben", teilte das Gericht am Abend mit.

Der 57 Jahre alte Mollath muss sich wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung verantworten. Er soll 2001 seine Ehefrau körperlich misshandelt und eingesperrt haben. Zudem soll er Dutzende Autoreifen zerstochen haben. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte ihn 2006 wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen, ihn aber in die Psychiatrie eingewiesen. Der Fall hatte eine Debatte über die Unterbringung in psychiatrischen Kliniken ausgelöst. Seit Anfang Juli wird wieder verhandelt.

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