30 Jahre E-Mail in Deutschland:Sie haben (sehr viel) Post!

30 Jahre E-Mail in Deutschland: H@ppy Birthday! Heute vor 30 Jahren trudelte die erste E-Mail in Deutschland ein. Und das dauerte: Abgeschickt wurde sie in den USA schon am Vortag.

H@ppy Birthday! Heute vor 30 Jahren trudelte die erste E-Mail in Deutschland ein. Und das dauerte: Abgeschickt wurde sie in den USA schon am Vortag.

Vor drei Jahrzehnten ging die erste E-Mail in Deutschland ein - an der Uni Karlsruhe. Seither schwillt die Nachrichtenflut unaufhaltsam an und treibt viele Nutzer zur Verzweiflung. Fünf Regeln, mit denen Sie Ihr Postfach im Griff behalten.

Von Stephan Radomsky

Am 3. August 1984 war das Postfach von Michael Rotert sicher noch ein Hort der Ordnung. Genau eine E-Mail lagerte darin - die erste, die jemals in Deutschland empfangen wurde. Es war ein Gruß von Laura Breeden in den USA an den Informatiker an der Universität Karlsruhe.

Inzwischen ist es mit der Ordnung wahrscheinlich vorbei - bei Rotert genauso wie bei vielen anderen. Denn die Flut digitaler Post schwillt unaufhaltsam an, vor allem im Arbeitsalltag. Mehr als ein Viertel der Deutschen bekommt laut einer aktuellen Umfrage täglich bis zu 50 Mails, ein Zehntel sogar bis zu 100. Viele Postfächer sind deshalb das reinste Chaos, sie verschlingen Wichtiges genauso wie Belangloses. Was einmal dort liegt, lässt sich dann nur noch mit größter Mühe wieder bergen, oder es bleibt gleich auf ewig verschollen.

Organisation ist alles

Gut 191 Milliarden E-Mails werden dieses Jahr verschickt, schätzt der Technologie-Marktforscher Radicati - und zwar täglich. Knapp 109 Milliarden davon sind geschäftlich, der Rest privat. Das interessante: Während die Zahl der persönlichen Elektro-Briefe der Prognose zufolge in den kommenden Jahren weiter fallen wird - Kommunikationsmittel wie Messenger-Dienste und soziale Netzwerke laufen der Mail hier zunehmend den Rang ab - soll die Zahl der geschäftlichen Korrespondenzen weiter deutlich ansteigen, im Schnitt um über sieben Prozent pro Jahr bis 2017.

Richtig anstrengend daran ist, dass zwei Drittel dieser Datenflut nach einer Schätzung des IT-Sicherheitsunternehmens Symantec Spam sind: "Sonderangebote" für Vitaminpräparate, "Wundermittel" für die Figur oder Potenz und unerwartete Erbschaften von Fürsten aus Nigeria. Im Kampf gegen solchen Mail-Müll braucht es einen funktionierenden Spam-Filter, für den Rest vor allem Disziplin und schlaue Technik.

Dazu gehört, mit schlechten Angewohnheiten zu brechen. Der Posteingang ist nicht der richtige Ort, um wichtige Mails aufzubewahren. Dafür lassen sich mit ein paar Klicks eigene Ordner anlegen. Diese können dann in Mail-Programmen auf dem Rechner und bei vielen Online-Anbietern automatisch mit den eingehenden Mails befüllt werden - sortiert beispielsweise nach Absender, bestimmten Schlagworten oder dem Empfängerkreis. Das hilft, die eigene begrenzte Aufmerksamkeit optimal zu nutzen, erklärt Alexandra Samuel in ihrem Buch Work smarter, Rule your Email.

Was in den gut sortierten Ordnern keinen Platz findet, sollte regelmäßig gelöscht werden. Das erhält die Übersichtlichkeit und erleichtert so die Arbeit. Denn die Suche nach DER einen Mail kostet Zeit - und vor allem Nerven.

Kurz, aber ohne Kürzel

Was "MfG" bedeutet dürfte den meisten noch klar sein. Aber "ASAP", "FYI" oder "NSFW"? WTF?

E-Mails sollten kurz, bündig und auf das nötigste beschränkt sein. Wer mit Massen an Kürzeln ein kryptologisches Ratespiel aus seiner Nachricht macht, tut aber weder sich noch dem Empfänger einen Gefallen. Vielleicht sind alle Informationen auf gerade einmal zwei Zeilen versammelt - aber eine Mail ist keine Twitter-Nachricht und zwanghafte Kürze gar nicht nötig. Ganz abgesehen davon, dass Nachrichten ohne Anrede, erkennbaren inneren Sinnzusammenhang und Abschiedsgruß schlicht unhöflich sind. Und das Entschlüsseln und Verstehen selbst gängiger Abkürzungen dauert außerdem meist länger, als sie ausgeschrieben zu lesen.

Das Zauberwort heißt Selbstbeherrschung

Internet-Pionier Michael Rotert

30 Jahre nachdem er sie empfangen hat, kann Internet-Pionier Michael Rotert seine erste E-Mail immer noch zeigen. Es war die erste, die in Deutschland ankam.

(Foto: dpa)

Weniger ist mehr

Nicht nur auf die Länge kommt es an, sondern auch auf die Menge. Wer Freunde und Kollegen ständig mit kleinen Hinweisen, "lustigen" Links und unnötigen Antworten versorgt, muss sich nicht wundern, wenn sein eigenes Postfach überquillt.

Klar, es war schon lustig, als die Mitarbeiter des Bundestags die Mail-Server der Volksvertretung am Ende sogar lahmlegten, weil sie immer wieder mit "Allen antworten" auf eine versehentlich an das gesamte Haus verschickte Mail einer Kollegin antworteten. Aber mal ehrlich: Nicht jede Nachricht muss bestätigt werden, nicht jede Antwort erfordert eine Replik und schon gar nicht muss jedes neue Katzen-Video im gesamten Büro verteilt werden.

Vorsicht mit Vertraulichem

Auch wenn es sich ein wenig so anfühlt - eine Mail ist kein elektronischer Brief. Viel mehr ähnelt sie einer Postkarte, weil ein digitaler Briefumschlag fehlt. Im Klartext: Die Mail verkehrt offen durch das Netz und kann auf dem Weg vom Absender zum Empfänger sehr leicht aus dem digitalen Datenstrom herausgegriffen und auch von Unbefugten problemlos gelesen werden.

Wer also sensible persönliche oder geschäftliche Daten verschicken möchte, sollte auf Sicherheit achten. Die kann einerseits dadurch erhöht werden, indem der Mailserver eine verschlüsselte Verbindung zum eigenen Rechner aufbaut. Das geschieht meist automatisch, die Webadresse beginnt dann mit https:// statt dem normalen http://.

Wer besonders Vertrauliches übermitteln will, sollte Mails oder Dateien zudem selbst verschlüsseln, etwa mit Hilfe von GPG4Win. Hinter dem kryptisch klingenden Namen steckt ein kostenloses Programmpaket, das unter anderem eine Zusatzfunktion für Outlook enthält. Damit lassen sich Nachrichten dort direkt mit dem persönlichen Schlüssel des Empfängers codieren und eingehende Nachrichten mit dem eigenen Schlüssel öffnen. Das setzt aber natürlich voraus, dass auch das Gegenüber das System nutzt.

Konsequent abschalten

Wer sein Postfach ordentlich organisiert hat, kann sich auch mal aus dem Nachrichtenstrom ausklinken - und das konsequent. Denn ständige Erreichbarkeit ist schädlich. So ergab eine Umfrage der Krankenkasse Barmer GEK unter Führungskräften im mittleren Management, dass zwei Drittel der Befragten sie als gesundheitliche Belastung empfinden.

Am Stress ist aber keineswegs immer nur der Chef Schuld. Natürlich ist es schwierig, einen Anruf auf dem Dienst-Handy zu ignorieren - auch wenn Feierabend oder Wochenende ist. E-Mails zu checken ist aber eine aktive Entscheidung.

Deshalb ist Selbstdisziplin gefragt. Bevor es ins Wochenende oder den Urlaub geht sollte ein Abwesenheitsassistent eingerichtet werden, der eine automatische Antwort auf jede Mail schickt. Darin sollte vermerkt sein, wie lange man außer Haus ist, ob man sein Postfach in der Zwischenzeit gar nicht oder zumindest sporadisch prüft und wer inzwischen in dringenden Fällen kontaktiert werden kann. Danach muss man sich "nur" noch an die eigenen Ankündigungen halten.

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