Galileo-Satelliten:Irgendwo falsch abgebogen

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Satelliten 5 und 6 für EU-Navigationssystem Galileo: Auf der Zeichung der Esa sah das Manöver noch ganz einfach aus. (Foto: J. Huart/dpa)

Fehlstart des teuren europäischen Systems: Die ersten Galileo-Satelliten werden von der Rakete in einen zu niedrigen Orbit abgesetzt. Die Betreiber prüfen, ob der Treibstoff der Satelliten ausreichen könnte, ihre Bahn aus eigener Kraft zu korrigieren.

Von Christopher Schrader, Berlin

Der Fehlschlag war von der Erde aus nicht gleich zu erkennen. Die ersten beiden voll funktionsfähigen Satelliten des europäischen Galileo-Navigationssystems hatten sich wie erwartet aus ihrer Umlaufbahn gemeldet. Die europäische Weltraumagentur Esa erklärte noch am Freitagabend über den Flug mit einer russischen Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou: "Sämtliche Stufen der Sojus arbeiteten einwandfrei, die Fregat-Oberstufe setzte die Satelliten drei Stunden und 47 Minuten nach dem Start auf ihrer Zielbahn aus." Es schien, als gebe es Grund zum Feiern bei der Europäischen Kommission, die nach langen Querelen den Aufbau des Navigationssystems übernommen hat.

Doch schon am Samstagmorgen meldeten die Beobachter bei Esa und Raketenbetreiber Arianespace eine "Anomalie" - das entspricht in der zurückhaltenden Sprache der Ingenieure der tränenreichen Beichte eines B-Promis. Die Galileo-Satelliten 5 und 6 (vier Modelle einer Vorserie sind schon im All) hätten auf eine kreisförmige Bahn in 23.500 Kilometern Höhe gebracht werden sollen. Stattdessen sind sie nun in einem elliptischen Orbit falscher Neigung, wo ihre Höhe zwischen 13.800 und 25.800 Kilometern schwankt.

Die Betreiber prüften am Wochenende, ob der Treibstoff der Satelliten ausreichen könnte, ihre Bahn aus eigener Kraft zu korrigieren - laut einem Bericht des Branchendienstes insidegnss.com werten Quellen das als nahezu unmöglich. Ab diesem Montag analysiert laut Arianespace-Chef Stéphane Israël eine Expertengruppe Ursache und Konsequenzen des Fehlschlags.

Mit den Satelliten 5 und 6 sollte nach jahrelanger Verzögerung die Installation des europäischen Navigationssystems beginnen. Zwanzig weitere der jeweils 40 Millionen Euro teuren Weltraumgefährte sind bei der Firma OHB in Bremen bestellt; Astrium aus Ottobrunn bei München liefert wichtige Teile zu. Die Satelliten sollten in den kommenden beiden Jahren gestartet werden. Weitere acht mit vier Sojus-Raketen, der nächste Start war für Dezember 2014 geplant. Dann sollten drei Ariane 5- Raketen zwölf Gefährte ins All transportieren; dafür gibt die EU-Regierung laut Industriekommissar Ferdinando Nelli Feroci 500 Millionen Euro aus. Die Gesamtkosten beziffert die Kommission auf sieben Milliarden Euro, mit Entwicklungs- und Anschubkosten wird die Zahl zweistellig.

Die Galileo-Raumfahrzeuge senden dank eingebauter Atomuhren hochpräzise Zeitcodes aus ihrem Orbit, Empfänger am Boden können aus einem Vergleich von mehreren Signalen ihre Position bestimmen. 24 Satelliten sind für ein flächendeckendes System nötig; die Europäer wollen 30 in den Orbit bringen, um sich vom GPS der Amerikaner und ähnlichen Systemen der Russen und Chinesen unabhängig zu machen.

© SZ vom 25.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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