Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs:Diskriminierende Parodien sind unzulässig

Künstler können sich gegen eine fremdenfeindliche oder anderweitig diskriminierende Parodie ihres Werks wehren. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Hintergrund ist ein Rechtsstreit in Belgien.

  • Künstler und andere Urheber müssen es nicht hinnehmen, dass ihre Werke zu rassistischen oder anderweitig diskriminierenden Aussagen missbraucht werden.
  • In solchen Fällen können sie auch gegen an sich zulässige Parodien vorgehen, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschied.
  • Hintergrund ist ein Rechtsstreit in Belgien. Die Erben des Zeichners Willy Vandersteen gehen dort wegen der Parodie eines Comics gegen ein Mitglied der rechtsextremen Partei Vlaams Belang vor.

Der Streitfall

Trotz des Urheberrechts ist es grundsätzlich zulässig, Werke in einer Karikatur oder Parodie aufzugreifen. Im Streitfall geht es um einen Kalender, den Johan Deckmyn von der rechtspopulistischen flämischen Partei Vlaamse Belang beim Neujahrsempfang 2011 der belgischen Stadt Gent verteilt hatte. Das Deckblatt zeigte den Bürgermeister der Stadt, der Münzen um sich wirft, die von durch Hautfarbe und Kleidung als Ausländer erkennbaren Menschen aufgesammelt werden.

Das Bild war angelehnt an eine Zeichnung aus einem Comic des inzwischen verstorbenen Zeichners Willy Vandersteen. Das Original mit dem Titel "Der wilde Wohltäter" bezieht sich nicht auf den Genter Bürgermeister und hat auch keinen Ausländerbezug. Vandersteens Erben und weitere Rechteinhaber wehrten sich gegen den Missbrauch der Zeichnung.

Wie der EuGH den Begriff der Parodie definierte

Die belgischen Gerichte legten den Streit dem EuGH vor. Der legte nun einerseits einen weiten Begriff der Parodie fest. Danach muss eine Parodie als solche erkennbar sein, muss sich also vom Original "wahrnehmbar unterscheiden". Die Anspielung auf das Original muss zudem genutzt werden, um "einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen". Ein eigener künstlerischer Charakter ist aber nicht erforderlich, und das zitierte Werk muss nicht genannt sein.

Wann eine Parodie unzulässig ist

Eine danach zulässige Parodie könne aber unzulässig sein, wenn sie "eine diskriminierende Aussage vermittelt", befand das Gericht. Denn die Künstler und Rechteinhaber hätten "ein berechtigtes Interesse daran, dass ihr Werk nicht mit dieser Aussage in Verbindung gebracht wird". Über den konkreten Streit müssen nach diesen Maßgaben nun wieder die belgischen Gerichte entscheiden.

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