Maut-Pläne des Verkehrsministers:Dobrindts Schleuderparcours

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Alexander Dobrindt sitzt bei einer Firmenveranstaltung in einem Hängesessel. (Foto: dpa)

CDU-Landesverbände, Bundesrat, EU-Kommission: Alexander Dobrindts Maut-Pläne stoßen auf ein Hindernis nach dem anderen. Der Verkehrsminister von der CSU lernt gerade seine Grenzen kennen. Das Projekt, wie es derzeit diskutiert wird, ist nicht fahrtauglich. Noch wäre Zeit, das zu ändern.

Kommentar von Michael Bauchmüller

Für die Sicherheit im Straßenverkehr ist ein Fahrtraining eine feine Sache. Auf regennasser Fahrbahn um Hindernisse kurven - so mancher hat so schon die Grenzen seines Wagens kennengelernt. Alexander Dobrindt, Verkehrsminister mit Mautambitionen, lernt solche Grenzen auch gerade kennen, allerdings im richtigen Leben. Die Rutschbahn hat er, basierend auf tückischen Vorgaben im Koalitionsvertrag, mit einem halbgaren Konzept eigenhändig planiert. Um die Hindernisse kümmern sich andere.

Hindernis Nummer eins haben CDU-Landesverbände hingestellt, sie fordern eine Abschwächung der Maut: Nicht mehr auf allen Straßen, sondern nur auf Bundesstraßen und Autobahnen soll sie künftig gelten. Schon gibt es auch in der CSU Überlegungen, das Hindernis elegant zu umfahren - und der Forderung nachzugeben. Ursprünglich als "Infrastrukturabgabe" für alle deutschen Straßen gedacht, könnte die Maut künftig nur auf den Fernstraßen des Bundes gelten. Das soll dafür sorgen, dass der Tourismus in den Grenzregionen nicht zusammenbricht. Zumindest über die Landstraßen könnten Österreicher, Tschechen, Niederländer oder Dänen dann künftig noch mautfrei zum Shoppen kommen.

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Von Claus Hulverscheidt, Michael Bauchmüller und Mike Szymanski

Dobrindt geht darauf bisher nicht ein, aus gutem Grund. Denn wenn nur noch Kreis- und Landstraßen frei befahrbar sind, werden diese zur Stammstrecke der Mautschwänzer, vor allem in Grenznähe. Ausflügler aus dem benachbarten Ausland dürften künftig bevorzugt auf kleinen und kleinsten Straßen einreisen. Wo es bisher schön ruhig war, wird es am Wochenende belebt. Das freut die Anwohner gar nicht, auch nicht in Bayern.

Vignette fürs Wasserholen

Die Kontrollen würden zudem deutlich schwieriger werden. Um Mautsünder zu stellen, müsste man sie künftig auf Autobahnen oder Bundesstraßen ertappen. Bei einer Abgabe für alle Straßen wäre das einfacher - da müsste jedes Auto, egal wo, eine Vignette haben. Die Entrichtung der Maut ließe sich mühelos an jedem Parkstreifen kontrollieren.

Damit nicht genug, würde sich mit der Beschränkung auf Straßen des Bundes auch ein kleines rechtliches Problem stellen: Was geschieht mit Inländern, die nie die Fernstraßen benutzen? Senioren etwa, die allenfalls noch den Sprudel mit dem Auto holen, bekämen künftig eine Vignette zugeschickt, ob sie wollen oder nicht. Was, wenn sie die nicht bezahlen wollen? Juristisch ist das zumindest eine interessante Frage, Ausgang offen.

Wie aber soll Dobrindt den Widerstand in den eigenen Reihen bändigen - wenn nicht durch solche Zugeständnisse?

Nur mal angenommen, der Minister ginge über diese Probleme cool hinweg. Dann käme gleich die nächste Schikane - die Länder. Über den Bundesrat können sie mitreden. Eine Mehrheit für sein Mautkonzept wird Dobrindt dort kaum bekommen, dafür werden im Zweifel schon die Grünen in den Landesregierungen sorgen. Also muss er sein Vorhaben so gestalten, dass der Bundesrat nicht zustimmen muss. Das aber geht nur, wenn der Bund die Kontrollen übernimmt - und nicht, wie es eigentlich naheläge, die Länder mit ihrer Autobahnpolizei. Das wiederum wird teuer, denn Kontrollen brauchen Personal, und Personal kostet Geld. Würde das neue System hingegen kaum überwacht, stiege die Anzahl der Schwarzfahrer, und die Einnahmen gingen zurück. Zum ohnehin teuren neuen Vignettensystem kämen so noch hohe Kosten für den Vollzug. Dobrindt könnte von Glück sagen, wenn von den Millionen, die ausländische Autofahrer künftig zahlen sollen, unter dem Strich überhaupt etwas für den Straßenbau übrig bleibt.

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Eine Maut, die gefahrene Kilometer abrechnet

Womöglich muss er sich diese Sorgen aber gar nicht machen. Denn auf dem letzten Abschnitt des Schleuderparcours lauert noch die EU-Kommission. Irgendwie muss er sie davon überzeugen, dass ausländische Autofahrer gegenüber heimischen nicht benachteiligt werden, wenn zwar beide eine Vignette bezahlen müssen, die Inländer die Kosten aber erstattet bekommen. Es ist wahrscheinlich das engste Hindernis auf dem Weg zur Maut. Totalschaden nicht ausgeschlossen.

So weit muss es nicht kommen, wenn die CSU die Fahrtüchtigkeit ihres Gefährts nur endlich richtig einschätzte: Diese Maut ist nicht für die Straße gemacht. Das ganze Konzept (und mit ihm der zuständige Minister) wird entweder schrottreif an einem der vielen Hindernisse enden oder am Ende so umständlich passend gemacht sein, dass außer sinnloser Bürokratie nichts bleibt. Noch wäre Zeit, auf eine fahrtaugliche Maut umzusatteln - eine, die gefahrene Kilometer abrechnet, die nach Stoßzeiten und Staustrecken unterscheidet. Und nicht nach Nationalitäten oder Straßentypen.

© SZ vom 05.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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