Pkw-Maut:Dobrindt plant - Schäuble plant größer

Wolfgang Schäuble und Alexander Dobrindt im Bundestag

Zwei Maut-Konzepte für die Union: Finanzminister Wolfgang Schäuble (li.) und Verkehrsminister Alexander Dobrindt.

(Foto: dpa)

Für Alexander Dobrindt und seinen Zuchtmeister Horst Seehofer ist die Maut eher ein polit-populistisches als ein verkehrspolitisches Projekt. Wolfgang Schäuble sieht das Konzept des CSU-Mannes kritisch, will die Maut aber nicht grundsätzlich in Frage stellen. Der Finanzminister arbeitet selbst am großen Wurf.

Von Claus Hulverscheidt, Michael Bauchmüller und Mike Szymanski, Berlin/München

Im Bundesfinanzministerium gilt Alexander Dobrindt mittlerweile als armer Tropf, als Ritter von der traurigen Gestalt, der von seinem grausamen Burgherrn im fernen Bayern ein Himmelfahrtskommando übertragen bekommen hat, das er niemals hätte annehmen dürfen. Für einen bekennenden Spötter wie Wolfgang Schäuble ist es da gewiss eine Versuchung, sich über den Unglücksraben noch lustig zu machen. Und doch hat der Verkehrsminister nichts zu befürchten, wenn er an diesem Freitag mit dem Chef des Finanzressorts zusammentrifft, um zu versuchen, das vermaledeite Projekt einer Pkw-Maut doch noch in die Spur zu setzen. Schäuble hat nämlich - wenn auch aus anderen Motiven als Dobrindt - kein Interesse daran, dass der Oberbayer mit seinem Vorhaben scheitert.

Für Dobrindt, mehr noch für dessen Zuchtmeister Horst Seehofer, ist die Pkw-Maut eher ein polit-populistisches denn ein verkehrspolitisches Projekt. Seht her, so die Botschaft des CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten an seine Wähler: Wenn ihr in der Schweiz und Österreich, in Tschechien und Slowenien Autobahngebühren bezahlen müsst, dann sollen das die Schweizer und Österreicher, die Tschechen und Slowenen bei uns auch müssen. So gelangte der Auftrag einer Pkw-Maut in den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD: Europarechtskonform und in der Höhe angemessen soll sie sein, jedoch für keinen einzigen Bundesbürger zu einer Mehrbelastung führen.

Auch Seehofer zeigt sich mittlerweile flexibel

Genau diese Kriterien erfüllt Dobrindts Idee einer Vignette für alle Straßen und Autobahnen bei gleichzeitiger Senkung der Kfz-Steuer nach Ansicht Schäubles nicht: Der Finanzminister sieht nicht nur rechtliche Risiken, sondern hält es auch für technisch kaum durchführbar, dass der neuerdings für das Eintreiben der Kfz-Steuer zuständige Zoll binnen kurzer Zeit 45 Millionen Bescheide individuell anpasst.

Dass Schäuble Dobrindt an diesem Freitag dennoch nicht einfach auflaufen lassen wird, hat neben parteipolitischen Erwägungen vor allem damit zu tun, dass der Kabinettssenior selbst an einem Maut-Konzept arbeitet, das sehr viel größer, umfassender und langfristiger angelegt ist. Ihm geht es dabei weniger um Wahlkampf als um die Frage, wie in den kommenden Jahren und Jahrzehnten die dringend notwendigen, von ausländischen Partnern immer wieder angemahnten Investitionen in die Straßen, Brücken, Tunnel und Schienenwege des Landes bezahlt werden können. Grob gesagt schwebt Schäuble für die Wahlperiode von 2017 an eine Teilprivatisierung von Verkehrswegen sowie die Einführung einer streckenbezogenen Maut vor. Nach einem Bericht der Zeitung Die Welt will er dazu das Grundgesetz ändern und den Ländern die Verwaltung von Autobahnen und Bundesstraßen entziehen.

Damit diese große Lösung und damit die Idee einer Pkw-Maut insgesamt nicht desavouiert wird, so das Kalkül des Ministers, darf Dobrindts kleine Lösung jetzt nicht scheitern. Deshalb ist Schäuble zum Kompromiss bereit. Auch Horst Seehofer zeigt sich mittlerweile flexibel: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ist er dazu bereit, Land- und Kreisstraßen aus dem Maut-Katalog zu streichen.

"Keiner weiß, wie sie gehen soll. Es herrscht Ratlosigkeit"

Damit käme der Regierungschef CSU-Bürgermeistern aus bayerischen Grenzregionen, die um ausländische Einkaufstouristen fürchten, ebenso entgegen wie der nordrhein-westfälischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, die das bisherige Konzept geschlossen ablehnt. CSU-intern wird der Teilrückzug als Versuch gewertet, die Maut insgesamt zu retten. "Keiner weiß, wie sie gehen soll. Es herrscht Ratlosigkeit", sagte ein Mitglied des Parteivorstands. Seehofer sei es jedoch wichtig, das "Sommertheater" vor allem mit der CSU-Schwester CDU endlich beizulegen.

Ob das gelingt, ist indes fraglich. Zwar haben Dobrindts Fraktionskollegen von Rhein und Ruhr die CSU aufgefordert, es bei Autobahnen und Bundesstraßen bewenden zu lassen. Doch auch mit der neuen Idee verlange die Vignette einen enormen administrativen Aufwand, heißt es aus der Landesgruppe. Obendrein schaffe man ein neues Problem. "Die Oma, die mit dem Auto nur einkaufen fährt, will und braucht vielleicht gar keine Plakette", sagt ein CDU-Mann. Dennoch erhielte sie eine.

So ganz den Durchblick hat in der Union scheinbar keiner mehr. Dobrindt jedenfalls sagte am Donnerstag auf die Frage, ob er zu Zugeständnissen bereit sei, der Gesetzentwurf werde "auf Basis des vorgestellten Konzepts" erarbeitet. Schlauer stellte es Fraktionschef Kauder an: Er erklärte sinngemäß, er wisse von nichts.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: