Hohe Strafe im Amateurfußball:70 Spiele Sperre für einen Kopfstoß

Für einen Kopfstoß gegen den Schiedsrichter wird Amateurfußballer Ismail Gündüz in Österreich 70 Spiele gesperrt - und sein eigener Verein ist froh darüber. Der Spieler sieht sich als Opfer einer Hetzjagd und liefert eine abstruse Erklärung für das Geschehen.

Von Saskia Aleythe

Normalerweise würde Ismail Gündüz dieser Tage trainieren. Auf dem Fußballplatz stehen beim SK Rum, einem Klub aus der Landesliga in Österreich, wo sich Hobbyspieler vereinen, um den Profis nachzueifern. Am vergangenen Samstag flitzte er noch mit dem Rumer Trikot über den Rasen, doch die Sache mit seinem Klub und dem Fußballspielen hat sich nun erstmal erledigt: Der Amateurkicker muss 70 Spiele zuschauen, dieses drastische Urteil fällte der Tiroler Fußball-Verband. Die nächsten Jahre kann sich der Spieler nun also einem anderen Hobby widmen.

Gündüz hat die Strafe für eine Tätlichkeit gegen den Schiedsrichter namens Daniel Filo bekommen und im Grund wäre die Geschichte damit schon auserzählt. Interessant ist allerdings die Definition der "Tätlichkeit", über die sich zwei Parteien uneins sind. Die eine Partei ist Gündüz selbst, die andere der Rest der Beteiligten.

Am besagten 4. Spieltag trat der SK Rum zum Auswärtsspiel bei der SPG Innsbruck West an, fünf Tore waren bis kurz vor Schluss gefallen, Innsbruck führte 3:2. In der 86. Minute kam Gündüz, seineszeichens Verteidiger, zu seinem folgenschweren Auftritt. Der 26-Jährige lief auf Schiedsrichter Filo zu, die Köpfe rasselten zusammen, der Referee blutete an der Lippe, brach die Partie ab und wurde ins Krankenhaus gebracht. Klarer Kopfstoß, meinten die Beobachter. "Am Platz standen 21 Spieler, die bestürzt über einen einzigen waren", sagte Innsbruck-West-Trainer Andreas Graus der Tiroler Tageszeitung.

Selbst seine Mannschaftskollegen ließ er entgeistert zurück, was im Rudelsport Fußball eher eine Seltenheit ist. Für Gündüz setzte sich niemand ein - im Gegenteil. "Wir distanzieren uns in aller Form vom Verhalten von Ismail Gündüz", sagte Rum-Trainer Michael Messner nach der Partie, "er wurde mit sofortiger Wirkung aus dem Verein geworfen und darf den Rumer Sportplatz nicht mehr betreten."

Er leide an Schlafstörungen, sagt der Spieler

Gündüz sieht die Sache mit dem Kopfstoß anders, er sagt: "Ich bin ausgerutscht". Der Rasen sei nass gewesen und er habe das Gleichgewicht verloren. Das Urteil kommentiert er gegenüber der Tiroler Tageszeitung als "Wahnsinn". Er fühle sich einer Hetzjagd ausgeliefert, habe sich beim Schiedsrichter für das Versehen entschuldigt und leide seit dem Vorfall an Schlafstörungen.

Glauben tut ihm in Österreich derzeit niemand, der sportliche Leiter seines Klubs, Matthias Waldegger, zeigte sich nach dem harten Urteil sogar erleichtert: "Ich bin froh, dass das über den Tisch ist und dass wir keinen Punkteabzug bekommen haben." Der Verein muss lediglich eine Geldstrafe von 257 Euro zahlen.

Tirols Verbandspräsident Josef Geisler versteht das Urteil als Abschreckung. "Meiner Meinung nach muss sich die Sanktion an der Höchstgrenze orientieren, um andere abzuhalten." Der in Ungnade gefallene Gündüz scheint derzeit keine Aussicht auf Rehabilitation zu haben. "Ich hoffe auf die Solidarität der Vereine", sagt Geisler, "dass dieser Spieler keinen Hafen mehr findet." Die kommenden 70 Spiele ist das erstmal gesichert.

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