Selbstmordserie in Frankreichs Firmen:Der Sprung nach der Sitzung

Beim Telekommunikationskonzern France Télécom haben sich in wenigen Wochen vier Mitarbeiter das Leben genommen. Die mysteriöse Selbstmordserie in französischen Großunternehmen scheint sich fortzusetzen.

Michael Kläsgen

Die mysteriöse Selbstmordserie in französischen Großunternehmen hat sich fortgesetzt. Binnen weniger Wochen nahmen sich vier Mitarbeiter von France Télécom das Leben, teilten Gewerkschaften mit.

Selbstmordserie in Frankreichs Firmen: Mysteriöse Selbstmordserie: Das Hauptquartier der France Télécom in Paris.

Mysteriöse Selbstmordserie: Das Hauptquartier der France Télécom in Paris.

(Foto: Foto: AP)

Ertränkt auf dem Firmengelände

Im vergangenen Jahr hatten mehrere Suizide am Arbeitsplatz Frankreich erschüttert. Beim Autohersteller PSA Peugeot-Citroën hatten sich sechs Mitarbeiter das Leben genommen, beim Konkurrenten Renault waren es drei Beschäftigte gewesen.

Ein Designer sprang nach einer Sitzung aus dem fünften Stock. Ein anderer ertränkte sich im Teich auf dem Firmengelände. Selbstmorde bei den Energiekonzernen EDF und Areva sowie beim Caterer Sodhexo füllten die unheimliche Liste.

Als wichtiger Grund gilt auch bei den Selbstmördern von France Télécom Stress am Arbeitsplatz. Doch das lässt sich kaum nachweisen. Die Unternehmen führen stets persönliche Gründe oder zumindest eine Vielzahl von Ursachen als Erklärung an.

Klagen im Abschiedsbrief

Dabei hinterließ auch diesmal wieder ein Mitarbeiter einen Abschiedsbrief. In dem klagt der Mann darüber, dass ihm die Arbeit zu viel würde. Die Arbeitszeiten hatten sich geändert und er war von Straßburg in den Vorort Schiltigheim versetzt worden.

Dadurch, so steht es in dem von der Gewerkschaft Sud-PTT zitierten Brief, hätten sich die Arbeitsbedingungen maßgeblich verschlechtert.

Ein anderer Mitarbeiter in Ostfrankreich habe Selbstmord verübt, nachdem er schlecht mit einer neuen Technik am Arbeitsplatz zurechtgekommen sei, sagte ein Mitglied der Gewerkschaft FT-Est über einen Suizid im Mai.

Sorgentelefone sollen helfen

Eine Regionalmanagerin von France Télécom wies jedoch darauf hin, dass es "keinen offensichtlichen Zusammenhang" zwischen den Selbsttötungen und der Firma gebe. Nichts im Verhalten der Mitarbeiter habe darauf hingedeutet, dass sie dermaßen unglücklich gewesen seien.

"Weder ihr Umfeld noch ihre Manager noch ihre Kollegen haben etwas gemerkt", erklärte die Managerin. France Télécom hat zwei weitere Selbstmordfälle aus den vergangenen Wochen in anderen Teilen Frankreichs zu bedauern.

Im vergangenen Sommer riefen die gehäuften Suizide sogar Staatschef Nicolas Sarkozy auf den Plan. Er erklärte sich über "die traurige Reihung" sehr betroffen. Viele Unternehmen richteten Sorgentelefone ein. Die Wirksamkeit der Maßnahmen zweifeln Experten an.

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