Glücksspiel:Bestnote für den Zockerkönig

Spielautomatenhersteller Gauselmann

Tipps auf Fußballspiele oder etwa die Formel 1 sind ein Milliardengeschäft, das bisher von ausländischen Gesellschaften dominiert wird. Bisher. Spielautomatenhersteller Gauselmann will auch im Geschäft mitmischen.

(Foto: dpa)

Ausgerechnet er: Paul Gauselmann streitet seit Jahren mit Bund und Ländern über die Glücksspielpolitik - jetzt bekommt sein Konzern eine der begehrten Konzessionen für Sportwetten. Die Freude ist getrübt: Der Start ins Geschäft könnte sich verzögern.

Von Klaus Ott

Paul Gauselmann, der am 26. August 80 Jahre alt wurde, wollte keine Geschenke haben. Bei den diversen Feiern, die sich lange hinzogen, bat Deutschlands Glücksspielkönig seine Familie, Freunde, Mitarbeiter und Kunden stattdessen um Spenden für die Krebshilfe. Doch eine überraschende Gabe konnte der Patriarch aus dem westfälischen Espelkamp, wo der nach ihm benannte Spielautomaten-Konzern ansässig ist, nicht verhindern. Mit Datum vom 2. September teilte das hessische Innenministerium der Konzerntochter Cashpoint mit, dass diese zu den 20 Bewerbern gehöre, die eine der begehrten Konzessionen für die Veranstaltung von Sportwetten in Deutschland erhalten solle.

Tipps auf Fußballspiele, die Formel 1 und andere Ereignisse sind ein Milliardengeschäft, das via Internet bisher von ausländischen Gesellschaften dominiert wird, die mit Lizenzen aus Niedrigststeuerstaaten wie Malta agieren. Jetzt soll es Konzessionen in Deutschland für private Anbieter geben, darunter auch für Gauselmann, der mit Cashpoint bereits erfolgreich in Österreich agiert. Cashpoint ging als Sieger bei dem strengen Auswahlverfahren hervor, mit 4245 Punkten. Erst zwei Ränge dahinter folgt die staatliche Sportwette Oddset aus dem Deutschen Lotto- und Totoblock, die auf 4100 Punkte kam.

Ein völlig überraschendes, völlig unerwartetes Ergebnis. Gauselmann, der mit seiner Unternehmensgruppe mehr Spielhallen betreibt und Spielautomaten produziert als jeder andere in dieser Branche, streitet mit Bund und Ländern seit Jahren heftigst über die richtige Glücksspielpolitik. Der Konzernherr bezichtigt den Staat, seine eigenen Kasinos und Lotterien zu schützen und mit "brutaler Gewalt" gegen die Konkurrenz vorzugehen. Mit unsinnigen Auflagen und Verboten, mit denen die Zocker von den Spielhallen ins "unkontrollierte" Internet getrieben würden. Was die Politik mache, sei eine Katastrophe.

Nun aber bescheinigt der Staat ausgerechnet seinem größten Kritiker, dass dessen geplante Sportwette besonders überzeugend sei und besonders seriös. Das beste Angebot unter all den vielen Bewerbern; noch besser als das, was der Staat selbst zu bieten habe. Natürlich ist Gauselmann stolz auf dieses Ergebnis. "Das ist der beste Beweis für unsere Leistung." Ausnahmsweise lobt der streitbare Patriarch sogar den Staat, vor allem aber die Beamten in Hessen. "Wir sind sehr fair behandelt worden." Das Innenministerium in Wiesbaden hat im Auftrag der Länder, die das Glücksspiel weitgehend regeln, 41 Anträge für eine Sportwetten-Konzession fast 20 Monate lang sehr penibel geprüft.

Die Interessenten mussten umfassende Konzepte vorlegen. Für den Schutz vor der Spielsucht und vor Manipulationen, für den Zahlungsverkehr, und für alles andere (Vertrieb, Wirtschaftlichkeit). 50 000 Blatt Bewerbungsunterlagen waren zu sichten. Hinter Gauselmann landete Admiral, eine der führenden Sportwetten aus Österreich, mit 4210 Punkten auf Platz zwei; vor dem deutschen Staats-Toto Oddset. Viele Anbieter, die eine Lizenz erhalten sollen, stammen aus Österreich. Darunter auch die Bwin AG, einer der europaweit dominierenden Anbieter, deren Tochterfirma Electra Works mit 3450 Zählern Platz sechs belegt. Auf Rang elf (3145 Punkte) ist die Glücksspielgesellschaft Casino Austrias AG mit ihrer Sportwetten GmbH gelandet - bei der die Deutsche Telekom einsteigen will, um im Glücksspielmarkt mitzumischen.

Start könnte sich verzögern

Dazu kommen britische und kleinere deutsche Anbieter und auf Platz 20 eine Star Sportwetten GmbH mit 2905 Zählern. Viele erfolgreiche Bewerber tummeln sich mit ihren Tipp-Angeboten längst im Internet mit Lizenzen aus Malta und Gibraltar. Die Staatswette Oddset, die bisher als einzige offiziell erlaubt ist in Deutschland, spielt kaum noch eine Rolle. Dass internationale Konzerne vom Ausland aus den Milliardenmarkt Sportwetten beherrschen, wird wohl noch länger so sein.

Unterlegene Bewerber wollen gegen die Auswahl aus Hessen klagen, darunter das Unternehmen Tipico, das bereits mit mehreren Fußball-Bundesligisten kooperiert und mit dem früheren Bayern-Spieler und Nationaltorwart Oliver Kahn wirbt. Tipico rechnet sich gute Chancen bei Gericht aus. Das dürfte die Vergabe der deutschen Konzessionen, mit denen Hessens Innenministerium in zehn Tagen beginnen will, stark verzögern.

Zum Leidwesen von Gauselmann. Er befürchtet, sein Sportwetten-Start in Deutschland via Internet und Annahmestellen werde sich weiter hinziehen. "Erst sollten wir die Lizenz im Frühjahr 2013 bekommen, dann wurde es Herbst, dann Frühjahr 2014." Das hessische Innenministerium hat kürzlich eingestanden, dass sich das deutsche Auswahlverfahren mit der Begrenzung auf 20 Konzessionen als "höchst kompliziert, streitanfällig und langwierig" erwiesen habe. Das habe dem Ziel geschadet, Internet-Anbieter aus dem Ausland zurückzudrängen. "Das Sportwettenspiel im illegalen Bereich wird immer umfangreicher, ohne dass hiergegen ernsthaft eingeschritten werden kann."

Hessen will nun politisch durchsetzen, dass jeder Bewerber eine deutsche Lizenz erhält, der die Zulassungskriterien erfüllt. Gauselmann bleibt nichts anderes übrig, als weiter zu warten und weiter auf den Staat zu schimpfen. "Die ständigen Verzögerungen kosten uns viele Millionen Euro. Wir bauen schon alles auf, wir werben bei Hertha BSC in Berlin, in Wolfsburg und bei anderen Klubs. Das ist bislang alles für die Katz." Gauselmann und der Staat, eine Freundschaft fürs Leben wird das nicht mehr. Trotz der Bestnote aus Hessen.

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