Heimliche Gewinner der Tierwelt:Eiswürfel im Blut

(Foto: Julian Gutt/AWI)

Ein Leben wie in der Tiefkühltruhe - die Antarktisfische sind die heimlichen Gewinner des Südpolarmeeres. Ein Protein schützt die Tiere vor eisigen Temperaturen. Doch dummerweise hat das Frostschutzmittel Nebenwirkungen.

Von Katrin Collmar

Für manchen Fisch ist das Südpolarmeer eher eine Tiefkühltruhe als ein geeigneter Lebensraum. Wassertemperaturen von bis zu minus zwei Grad Celsius lassen das Blut der Wirbeltiere buchstäblich in den Adern gefrieren. Nicht so bei den Antarktisfischen, die 90 Prozent der Fischbestände in der Region ausmachen. Sie besitzen Anti-Frost-Proteine, die wie ein Gefrierschutz auf den Wasseranteil im Blut wirken. Aber nicht nur das: Überraschenderweise verhindern die Eiweiße zugleich, dass aus der Umwelt aufgenommene, potenziell gefährliche Eiskristalle schmelzen.

Entdeckt haben den Effekt Wissenschaftler um Paul Cziko von der University of Oregon ( PNAS, online), als sie im antarktischen Sommer Fische aus minus 0,5 Grad Celsius kaltem Meerwasser fingen. Eigentlich sollten sämtliche Eiskristalle im Körper der Tiere bei dieser Temperatur schmelzen, doch sie blieben weiter stabil. Im Labor zeigte sich: Es sind die Anti-Frost-Proteine, die das Schmelzen verhindern, indem sie den Schmelzpunkt der Kristalle erhöhen.

Der Effekt sei bisher einzigartig in der Natur - und unerwünscht, schreiben die Biologen. "Jede nützliche Erfindung der Evolution geht wahrscheinlich mit schlechten und ungewollten Effekten einher", sagt Cziko. Die Entdeckung ist den Forschern zufolge ein weiteres Puzzleteil, um den Preis für die Dominanz der Antarktisfische im Südpolarmeer zu erklären.

In der Serie "Heimliche Gewinner" stellen SZ-Autoren in loser Folge Lebewesen mit erstaunlichen Fähigkeiten vor. In der Wirtschaftswelt bezeichnet der Begriff "Hidden Champions" Firmen, die in einem hochspezialisierten Markt äußerst erfolgreich sind, die aber kaum jemand wahrnimmt. Solche unbekannten Sieger kennen die Ökosysteme schon seit Millionen von Jahren.

© SZ vom 23.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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