"Für immer ein Mörder - Der Fall Ritter" im ZDF:Schlafende Hunde

Für immer ein Mörder - der Fall Ritter Hinnerk Schönemann Teresa Weißbach

Im Loyalitätskonflikt: Frank Wolf (Hinnerk Schönemann, l., mit Teresa Weißbach).

(Foto: Andreas Wünschirs)

Zwei junge Polizisten ermitteln in einem Mordfall, der die DDR überlebt hat. Die älteren Kollegen sind damit überhaupt nicht einverstanden - und ein Beamter verliert für immer seine Unschuld.

Von David Denk

Niemand hat sich die Mühe gemacht, ihn zu entsorgen. Unbeachtet steht der Hocker in einer Ecke des Archivkellers herum - der Hocker mit den rostigen Schrauben, die sich im Verhör Stunde um Stunde tiefer ins Sitzfleisch von Konrad Ritter (Luca Zamperoni) bohrten, damals in der DDR, als für alle klar war, dass der Musiker und Casanova eine junge Frau ermordet hat.

Auch Polizist Frank Wolf (Hinnerk Schönemann) ist von dessen Schuld überzeugt - bis sein Blick zufällig auf den von Ritter beschriebenen Hocker fällt. In diesem Moment verliert Wolfs Leben seine Unschuld, kann er nicht länger die Augen verschließen - auch wenn er nichts lieber täte.

Nicht jeder ist ein Casanova

Mit der neuen Wessi-Kollegin Yvonne Weber (Teresa Weißbach) soll Wolf im Jahr 2000 den 15 Jahre zurückliegenden, ungelösten "Fall Ritter" überprüfen. Doch dann sind die Akten plötzlich weg und den Ermittlern wird nahe gelegt, sich anderen Verbrechen zuzuwenden. An der Schuld Ritters herrsche doch - trotz eines Freispruchs - kein Zweifel. Schnell wird klar, dass weder Wolfs Chef Wolfgang Schulte (Karl Kranzkowski) noch sein Kollege Lutz Müller (Oliver Stokowski) ein Interesse an der Aufklärung des Mordes haben. Weber und Wolf wecken schlafende Hunde.

Der Loyalitätskonflikt, in den sein Berufsethos Wolf stürzt, ihn isoliert, ist ein zentrales Thema von Für immer ein Mörder - Der Fall Ritter (Buch: Holger Karsten Schmidt; Regie: Johannes Grieser). Denn Schulte ist auch Wolfs Ziehvater. Wenn er "mein Junge" sagt, zeigt er damit keine Verbundenheit, sondern formuliert einen Besitzanspruch, dem Wolf sich nur unter Mühen entziehen kann. Während auf der einen Seite Vertrauen zerbricht, wächst es auf der anderen: Kollegin Weber wird für Wolf allmählich zur wichtigsten Verbündeten. Es spricht für die Qualität von Buch und Regie, dass die Anziehung zwischen beiden greifbar, aber in der Schwebe gehalten wird. Eine Annäherung, die - ja gibt's denn sowas - ohne Bettszene auskommt. Mehr als eine unbeholfene Umarmung ist nicht drin. Nicht jeder ist eben ein Casanova. (Dass die meisten es gern wären, erklärt wohl das Misstrauen, ja den Neid gegenüber dem von der Dorfgemeinschaft dauerhaft ausgestoßenen Konrad Ritter.)

Doch Der Fall Ritter ist leider längst nicht nur subtil: Offenbar aus Angst, die Zuschauer zu überfordern, strotzt das Buch dieses recht komplexen zeithistorischen Krimis vor Sätzen, auf die der Redakteur bestanden zu haben scheint. "Der Mörder ist tot, und die, die ihn gedeckt haben, decken sich jetzt gegenseitig", ist so einer. Zusammenfassungen für Begriffsstutzige.

Am Ende verkauft Frank Wolf übrigens Gebrauchtwagen. Man versteht nicht ganz, warum er nicht Polizist geblieben ist, an einem anderen Ort, mit anderen Kollegen. Hier wiederum wagt der Film Uneindeutigkeit. Das Bild bleibt zwiespältig - darin ist der Film dem Blick vieler auf die DDR nicht unähnlich.

Für immer ein Mörder - Der Fall Ritter, ZDF, 20.15 Uhr.

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